Obstruktionen des linksventrikulären Ausflusstraktes
Das Obstruktionssyndrom des linksventrikulären Ausflusstraktes kann als Folge einer valvulären, subaortalen oder supravalvulären Stenose entstehen.
Embryologie
In der 4. Embryogenesewoche spaltet sich der Truncus arteriosus communis in zwei große Gefäße (Aorta und A.pulmonalis) durch die Septierung mittels des oberen und unteren Trunkussepten und rechtes und linkes Konussepten. Diese Spaltung entsteht zwischen dem 4. und 6. Aortenbogen und verläuft weiter nach kaudal. Eine Fortsetzung des Aortenkanals bilden Gefäße, die aus den 4. Aortenbogen entstehen (daraus entwickelt sich der echte Aortenbogen und der Truncus brachiocephalicus), und den pulmonalen Kanal setzt Gefäße fort, die aus den 6. Aortenbogen entspringen (daraus entwickelt sich persistierender Ductus arteriosus und ein Teil der rechten A.pulmonalis).
Der rechte Ventrikel verbindet sich mit den 6. Aortenbogen (A.pulmonalis) und der linke Ventrikel – mit den 3. und 4. Bogen. Im späteren embryonalen Entwicklungsstadium bilden sich Verdickungen auf der Innenseite der gebildeten großen Gefäßmündungen, die aus Mesenchymalkissen bestehen und eine Grundlage für die späteren vier Segel der Arterienklappen darstellen. Nach der Trennung des Bulbus in zwei Ausflusstrakte gliedert sich eines der Segelpaare zusätzlich in zwei Teile. Im Ergebnis bilden sich sechs Klappensegel, drei davon gestalten die Pulmonalklappe, und drei weiteren die Aortenklappe. Gleichzeitig werden durch die Mesenchymverdickung (die sog. Endokardialkissen) die AV-Klappen entwickelt.
Viele Studien belegen eine genetische Disposition für Aortenklappenfehler. Kardiogenesestörungen im Stadium der Herausbildung des linksventrikulären Ausflusstraktes können diese Defekte verursachen.
Klassifikation
- Aortenklappenstenose;
- Subaortale Stenose:
- Diskrete subaortale Membran;
- Tunnelförmige subaortale Stenose;
- Hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie (HCM);
- Strukturelle subaortale Stenose;
- Supravalvuläre Aortenstenose.
Aortenklappenstenose
Anatomie
Aortenklappenstenose kann eine bikuspide, unikuspide oder trikuspide Klappe darstellen. Die Aortenklappentaschen können entlang der Kommissuren verschmolzen sein, die Taschen sind verdickt und unbeweglich.
Hämodynamik
Eine Klappenverengung erzeugt systolischen Druckgradient zwischen dem linken Ventrikel und der Aorta. Da der Blutfluss über die verengte Klappe turbulenten Charakter hat, stellt der Gradient keine einfache lineare Flussfunktion dar. Er ist direkt proportional dem Klappenquerschnitt, sodass eine Verdoppelung des Blutflussvolumens über die Klappe den Gradient auf das Vierfache vergrößert. Der Gradientwert hängt von der linksventrikulären Kontraktilität und dem peripheren Gefäßwiderstand ab.
Zur Beurteilung des hämodynamischen Schweregrades der Obstruktion werden das Blutflussvolumen über die Klappe und gleichzeitig der Druckgradient gemessen.
Der linksventrikuläre Mitteldruck ist in der Regel normal, wenn keine gravierende Verengung besteht. Bei den meisten Kindern mit Aortenstenose liegt der linksventrikuläre endsystolische Druck im oberen Normbereich. Seine Erhöhung zeugt von der Verschlechterung der LV-Funktion bzw. von der ausgeprägten Hypertrophie und Rückgang der Dehnbarkeit dieser Kammer.
Die Myokarddurchblutung ist eingeschränkt, obwohl die Koronararterien gut passierbar sind.
Diagnostik
- EchoKG, CT, MRT. Defektdarstellung.
- Röntgenthoraxaufnahme. Typische Konfiguration des Herzschattens mit deutlich ausgeprägte Herztaille.
- EKG. Weist auf keine spezifischen Zeichen hin oder ergibt Zeichen der linksventrikulären Hypertrophie.
- Herzkatheteruntersuchung und Angiokardiographie werden eingesetzt, um den Ort und Schweregrad der Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes, zu bestimmen.
Symptome
Im Gegensatz zu anderen Herzfehlern, kann ausgeprägte Aortenstenose lange Zeit asymptomatisch verlaufen. Kinder wachsen und entwickeln sich normal. Bei Beschwerden weisen die Patienten auf Müdigkeit, Atemnot unter körperlicher Belastung, Brustschmerzen und Schwindelgefühl hin. Seltener beschweren sie sich über Bauchschmerzen, profuses Schwitzen, Nasenbluten. Schnelle Müdigkeit und Atemnot unter Belastung zeugen von mittelgradiger Verengung. Schwindel unter Belastung ist ein Zeichen plötzlicher Aortaverengung und erklärt sich durch die Unfähigkeit des linken Ventrikels, den Auswurf zu erhöhen, um adäquaten zerebralen Blutfluss aufrechtzuerhalten. Anginöse Schmerzen entstehen durch den Widerspruch zwischen der gelieferten LV-Sauerstoffmenge und dem tatsächlichen Myokardbedarf. Falls die Aortenstenose eine ausgeprägte Symptomatik in der Neugeborenenperiode hat, wird die Definition „kritisch“ mit unmittelbarer Lebensgefährdung und der Notwendigkeit eines Noteingriffs assoziiert. In den meisten Fällen wird eine bikuspidale Aortenklappe diagnostiziert.
Auskultation An der Herzspitze ist ein aortaler Auswurfton hörbar, wenn die Klappe beweglich ist. Der Ton wird von den aufgehenden Segeln erzeugt, seine Stärke bleibt beim Atmen gleich. Das Bestehen eines 4. Herztones zeugt von schwerer Obstruktion, da die Hypertrophie der LV-Füllung im Wege steht. Es wird auch lautes grobes und systolisches Geräusch der Aortenstenose auskultiert, der an der Herzbasis besser zu hören ist.
Behandlung
Die degenerierte Aortenklappe ist ein potentieller Ort für bakterielle Infekte, sodass ständige Vorsorge unabhängig vom Schweregrad der Verengung notwendig ist.
Chirurgische Eingriffsmöglichkeiten sind an den Zustand der Patienten, ihren Alter und die Defektform angepasst.
- Bei Säuglingen im schweren Zustand ist transkutane Ballonvalvuloplastie ein Mittel der Wahl.
- Bei älteren Kindern wird aortale Valvulotomie am offenen Herzen durchgeführt.
- Eine Aortenklappenprothetik kann bei einer unikuspidalen bzw. dysplastischen bikuspidalen Klappe sowie bei älteren Kindern und Erwachsenen nach erfolgter Valvulotomie wegen den fortschreitenden degenerativen Veränderungen und Verkalkung unentbehrlich sein.
- Autotransplantation des eigenen Lungenstamms mit Klappe in aortale Position und Wiederherstellung des rechtsventrikulären Ausflusstraktes mit Allograft (Operation nach Ross).
- Patienten mit schwergradiger Verengung des Klappenrings bzw. tunnelförmigen Obstruktionen benötigen eine Erweiterung des Aortenwurzels (Konno-Operation) in Kombination mit Klappenprothetik oder Operation nach Ross (Ross-Konno-Operation).
Subaortale Stenose
Anatomie
Subaortale Stenose stellt eine polymorphe subvalvuläre Verengung des linksventrikulären Ausflusstraktes, meist in Form eines diskreten membranösen Diaphragmas bzw. eines Faserrings dar. Eine fixierte subaortale Stenose zeigt sich in unterschiedlichen anatomischen Varianten. Diskrete subaortale Membran. Die stenosierende Komponente ist hier eine zirkuläre Fasermembran mit zentraler Öffnung.
Strukturelle subaortale Stenose. Eine wulstförmige Faserverdickung, die unterhalb der Aortenklappensegel liegt und den linksventrikulären Ausflusstrakt wie eine Zirkelwelle umringt. Tunnelförmige subaortale Stenose. Die stenosierende Basis ist hier eine lokale Formation in Form von einer dicken fibromuskulären Falte, die unterhalb des Klappenrings liegt und den linksventrikulären Ausflusstrakt wie ein Halbring ähnlich einem Kragen umringt. Obstruktive HCM gehört auch zu den Defekten mit subaortaler Stenose. Jedoch ist hier die subaortale Verengung mit der systolischen Bewegung des vorderen Mitralsegels nach vorne verbunden. Somit weist diese Stenose einen dynamischen Charakter auf.
Hämodynamik
Hämodynamische Störungen werden bei isolierter subaortaler Stenose durch ein Hindernis für den Blutfluss aus dem linken Ventrikel in die Aorta bedingt, infolgedessen ein systolischer Druckgradient dazwischen entsteht. Der wichtigste Kompensationsmechanismus, der den Systemkreislauf sichert, ist die linksventrikuläre Druckerhöhung. Mit der Zeit wächst der Druck im linken Vorhof und dem kleinen Kreislauf, d.h. es entsteht ein klinisches Bild der linksventrikulären Insuffizienz.
Diagnostik
- EchoKG, CT, MRT. Defektdarstellung.
- Röntgenthoraxaufnahme. Bei ausgeprägter Stenose ist eine LV-Konturerweiterung auf dem Röntgenbild sichtbar, und das Herz hat eine aortale Konfiguration mit ausgeprägter „Taille“.
- EKG. Linksventrikuläre Hypertrophiezeichen.
Symptome
Bei Neugeborenen und Kleinkindern tritt die isolierte subaortale Stenose sehr selten auf und macht sich erst nach dem ersten Lebensjahr bemerkbar. Im frühen Alter tritt sie meistens als eine Komorbidität auf und die klinischen Erscheinungen lassen sich durch den Hauptdefekt „maskieren“. Bei den älteren Kindern (nach dem 3.Lebensjahr) und einigen Erwachsenen kann die ausgeprägte Stenose asymptomatisch verlaufen. Hauptsächlich bestehen folgende Beschwerden: Atemnot, übermäßige Müdigkeit, Herzschmerzen. Eine der klinischen Besonderheiten des Defekts stellen Ohnmachtszustände dar.
Verstärkter hebender Herzspitzenstoß, Widerspruch mit Bradykardie. Bei allen Patienten ist klingendes systolisches Geräusch über der Herzbasis bzw. im 3. ICR links mit Irradiation in den Hals und die Drosselgrube auskultierbar. Ein typisches Symptom ist systolisches Zittern über den A.carotis.
Behandlung
Die einzige effiziente Behandlungsmethode für subaortale Stenose ist die chirurgische Korrektur. Die operative Behandlungstaktik bei der subaortalen Stenose hängt von der anatomischen Form des Defekts ab. Bei diffuser Obstruktion (Tunnelform) bzw. bei mehrstufiger Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes sind komplexe Korrekturoperationen indiziert: isolierte Aortenklappen- und -ventrikelplastik, klassische und modifizierte Konno-Operationen sowie Autotransplantation der pulmonalen Klappe in die aortale Position (Operation nach Ross).
Eingriffe, die bei diesem Defekt vorgenommen werden:
- Transluminale Ballondilatation (bei diskreter subaortaler Stenose).
- Resektion der diskreten subvalvulären Aortenstenose (bei subaortaler Stenose in Form von einem fibromuskulären Diaphragma bzw. Kragen).
- Modifizierte Konno-Operation.
Supravalvuläre Aortenstenose
Anatomie
Supravalvuläre Aortenstenose stellt eine lokale bzw. diffuse Lumenverengung der A.ascendens in Höhe bzw. oberhalb des sinotubulären Bereichs dar. Die morphologische Grundlage des stenosierenden Aortenabschnitts bilden Endothelwucherung und -fibrose, extreme Mesothelwucherung und -desorganisation sowie dessen Verkalkung und Nekrose. Supravalvuläre Aortenstenose wird in drei anatomische Subtypen unterteilt: in Form eines fibrösen Diaphragmas, einer lokalen sanduhrförmigen Verengung oder diffuser Aortenhypoplasie.
Hämodynamik
Wie bei den anderen Verengungen des linksventrikulären Ausflusstraktes zeichnet sich der pathologische Prozess durch Hypertrophie und Überlastung des linken Ventrikels sowie hohen Druckgradient zwischen der Aorta und dem linken Ventrikel aus. Im Unterschied zur subvalvulären und valvulären Aortenstenose, liegen koronare Arterien bei supravalvulären Variante proximal von der Verengungsstelle und sind vom ventrikulären Hochdruck betroffen.
Diagnostik
- EchoKG, CT, MRT. Defektdarstellung.
- EKG. Linksventrikuläre Hypertrophiezeichen.
Symptome
Zeichen einer supravalvulären Stenose ähneln den Symptomen der anderen Aortenstenosentypen, obwohl anginöse Schmerzen öfter auftreten.
Trotz der Tatsache, dass auskultativer Befund bei allen Typen der Aortenstenose ähnlich ist, fehlt beim supravalvulären Typ der systolische Knall über der Aortenklappe und das systolische Geräuschepizentrum liegt höher, als bei subaortalen Stenose. Der Aortenklappenschlusston ist durch den aortalen Hochdruck nach proximal von der Verengungsstelle hin akzentuiert. Der arterielle Blutdruck kann auf dem rechten Arm höher sein, als auf dem linken, was durch die Verengung des Aortenbogens bzw. der A.subclavia bedingt werden kann. Der Puls auf dem linken Arm kann geschwächt sein.
Behandlung
Mit dem Wachstum des Kindes schreiten die aortalen Veränderungen fort, es entwickelt sich ein typisches Defektbild und die Notwendigkeit einer chirurgischen Korrektur; dies passiert i.d.R. zwischen 2 und 20-30 Jahren.
Indikationen für eine operative Behandlung sind: Bestehen einer klinischen Symptomatik, Druckgradient im stenosierten Bereich über 50 mm Hg und gestörter koronarer Blutkreislauf.
Bei der Auswahl der chirurgischen Therapie ist der Einsatz einer der Methoden plastischer Erweiterung der A.ascendens nach Doty, Brom, Myers empfohlen.