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Erkrankungen der Mundschleimhaut

Inhaltsverzeichnis
Candida-Stomatitis Ätiologie Klassifikation Anatomie und Symptome Diagnostik Therapie Lichen ruber planus Ätiologie Klassifikation Anatomie und Symptome Diagnostik Therapie Leukoplakie Ätiologie Klassifikation Anatomie und Symptome Diagnostik Therapie Rezidivierende aphthöse Stomatitis (RAS) Ätiologie Klassifikation Anatomie und Symptome Diagnostik Therapie Chronisch-rezidivierende Stomatitis herpetica Ätiologie Anatomie und Symptome Diagnostik Therapie

Candida-Stomatitis

Die Candida-Stomatitis (orale Candidose (Kandidose), orale Candidiasis, Kandidose im Mund, Pilzinfektion der Mundhöhle oder „Mundsoor“) ist eine opportunistische Pilzinfektion, die die Mundschleimhaut befällt.

Ätiologie

Die Candidose ist die häufigste Form der Pilzinfektion der Mundhöhle. Als Erreger der Krankheit wird meist Candida albicans, seltener andere Vertreter der Pilzgattung Candida angesehen: Candida tropicalis, C. krusei, C. glabrata, C. kefyr, C. lusitaniae, C. guilliermondii, C. parapsilosis, C. dubliniensis.

Die Manifestationen einer Candida-Infektion in der Mundhöhle sind unabhängig vom spezifischen Erregertyp identisch. Candida ist ein fakultativ pathogener, kommensaler Mikroorganismus und Bestandteil der normalen Mikroflora der Mund- und Nasenhöhle, des Magen-Darm-Trakts und des Fortpflanzungstrakts; seine Vermehrung wird vom Immunsystem des Wirts und anderen Vertretern der mikrobiellen Gemeinschaft kontrolliert.

Virulenzfaktoren von Candida:

  • Adhäsine auf der Zelloberfläche, die es ermöglichen, sich an Mundgewebe und Zahnersatzoberflächen anzuheften und dem Speichelfluss und dem Verschlucken zu widerstehen.
  • Fähigkeit zur Umwandlung von Hefe in eine fadenartige Form (Hyphenbildung), die es dem Erreger ermöglicht, das Epithel zu durchdringen. Durch die Bildung von Hyphen und die Adhäsion an oralen Epithelzellen und Prothesenoberflächen kann C. albicans Biofilme mit einer Matrix aus Polysacchariden (Glucane und Mannane) bilden. In diesem Zustand ist Candida resistenter gegenüber antimikrobiellen Mitteln und Phagozytose.
  • Biofilme auf der Oberfläche von Zahnprothesen bilden chronische Infektionsherde, von denen aus eine erneute Besiedlung der Schleimhaut erfolgen kann.
  • Hohe Wachstumsrate, die die Geschwindigkeit der Desquamation von Epithelzellen übersteigt.
  • Extrazelluläre hydrolytische Enzyme (Aspartylproteinasen, Phospholipasen), die das Eindringen in das Epithel und die Schädigung des Gewebes ermöglichen, zusammen mit der Zerstörung des Gewebes durch das physische Wachstum von Filamenten darin.
  • Entwicklung von Arzneimittelresistenz, hohe Anpassungsfähigkeit.
  • Synergistische Interaktion mit verschiedenen Arten von Mundhöhlenmikroorganismen zur Verstärkung der Besiedlung.

Das Vorkommen von Candida-Pilzen in der Mundhöhle allein verursacht noch keine Krankheit, aber eine Reihe von prädisponierenden Faktoren verwandeln Candida von einer normalen Kommensalflora (saprophytäres Stadium) in einen Krankheitserreger (parasitäres Stadium).

Lokale prädisponierende Faktoren können das Wachstum von Hefepilzen stimulieren oder die Immunreaktion der Mundschleimhaut beeinflussen. Allgemeine Faktoren hängen oft mit dem Immun- und Hormonstatus des Menschen zusammen. 

Lokale Faktoren:

  • Bakterielle Fehlbesiedlung (Dysbiose) der Mundhöhle (Veränderung der Zusammensetzung der Mikroflora).
  • Vorhandensein von herausnehmbarem Zahnersatz (vor allem aus Acryl), Obturatoren, prothetischen Konstruktionen in der Mundhöhle und deren unzureichende Hygiene, längeres Tragen von Prothesen, Verletzung der Schleimhaut (die Störung des Epithels schafft eine Eintrittspforte für Erreger, unter Zahnersatz entsteht ein günstiges Umfeld für die Entwicklung von Candida mit wenig Sauerstoff und wenig Speichel).
  • Lokale Anwendung von Kortikosteroiden (lokale immunsuppressive Wirkung durch die Nutzung von Steroidinhalatoren).
  • Hyposalivation (im Speichel sind antimikrobielle Proteine enthalten, die die Anheftung von C. albicans an das orale Epithel begrenzen).
  • An einfachen Kohlenhydraten reiche Ernährung, Hyperglykämie.
  • Schlechte Mundhygiene.
  • Rauchen (der genaue Mechanismus ist noch nicht endgültig geklärt und hängt wahrscheinlich mit dem verringerten Speichelfluss und pH-Wert, dem verminderten IgA-Spiegel im Speichel und der Hemmung der Neutrophilenfunktion zusammen).

Systemische Faktoren:

  • Alter (Candidose tritt häufiger bei älteren Menschen und bei Kindern unter einem Jahr auf).
  • Endokrine Erkrankungen (Diabetes mellitus, Hypothyreose, Hypoparathyreoidismus, Nebenniereninsuffizienz).
  • Immunsuppression, angeborener oder erworbener Immundefekt (HIV-Infektion, Thymusaplasie, zytotoxische Therapie, immunmodulatorische Therapie, Graft-versus-Host-Reaktion, Sjögren-Syndrom, Agranulozytose, Leukämie oder sonstige Erkrankungen, die zu einer systemischen Immunschwäche führen).
  • Therapie mit Breitband-Antibiotika (Veränderung der lokalen Mundhöhlenflora).
  • Systemische Therapie mit Kortikosteroiden.
  • Mangelzustände (Unterernährung, Malabsorption, Essstörungen, Mangel an Eisen, Zink, Magnesium, Selen und den Vitaminen A, B6, B9, B12 und C).
  • Bösartige Neubildungen und deren Therapie.

Klassifikation

  • Akute pseudomembranöse Candidose;
  • Akute erythematöse Candidose;
  • Chronische erythematöse atrophische Candidose (Prothesenstomatitis durch Candida);
  • Chronische hyperplastische Candidose;
  • Anguläre Cheilitis.

Anatomie und Symptome

Akute pseudomembranöse Candidose

Bei der akuten pseudomembranösen Candidose („Mundsoor“) handelt es sich um quarkähnliche gelblich-weiße Plaques, die sich über die gesamte Mundschleimhaut ausbreiten können, aber häufiger an den Innenflächen der Wangen, dem Zungenrücken und dem weichen Gaumen auftreten. Die Plaques lassen sich leicht abschaben, wobei eine rote, erodierte Oberfläche zum Vorschein kommt.

Die Infektion kann asymptomatisch verlaufen. Die Patienten/Patientinnen stellen sich mit Beschwerden über Schmerzen, salzigen oder bitteren Geschmack im Mund und Brennen der Schleimhaut vor.

Die Krankheit tritt häufig bei Neugeborenen, Patienten/Patientinnen, die eine Therapie mit inhalativen Steroiden oder Immunsuppressiva erhalten, Tumorpatienten/-patientinnen und HIV-infizierten Personen auf. Bei HIV-/AIDS-Patienten/Patientinnen kann das klinische Bild schwer sein, mit schmerzhaften, ausgedehnten Läsionen in der Mundhöhle, im Mundrachenraum und in der Speiseröhre. In solchen Fällen können die Betroffenen erhebliche Schwierigkeiten beim Schlucken und Essen haben.

Akute erythematöse Candidose

Diese Form äußert sich durch zahlreiche schmerzhafte Rötungen oder Erosionen mit diffusen Rändern am Gaumen, an der Innenfläche der Wangen und Lippen. Die Läsionen können sich über die gesamte Mundhöhle ausbreiten. Die Schleimhaut des Zungenrückens kann grellrote, glatte, „kahle“ Bereiche ohne Fadenpapillen (Papillae filiformes) aufweisen.

Die Patienten/Patientinnen können über ein brennendes Gefühl in der Mundhöhle klagen, oder es können keine Symptome auftreten.

Die erythematöse Candidose kann infolge einer pseudomembranösen Candidose entstehen, kann jedoch auch de novo auftreten.

Die erythematöse Candidose kommt häufig als Folge von Veränderungen in der bakteriellen Mundflora nach der Einnahme von Breitband-Antibiotika oder der gleichzeitigen Einnahme mehrerer Schmalband-Antibiotika vor. Außerdem tritt sie in Verbindung mit einer HIV-Infektion auf.

Chronische erythematöse atrophische Candidose

Am häufigsten ist die Prothesenstomatitis durch Candida anzutreffen.

Die Läsionen können als hyperämische Flecken oder ausgedehnte Erytheme erscheinen, oft mit einem deutlichen Rand, der den Konturen der Basis von herausnehmbarem Zahnersatz entspricht. In diesem Bereich können auch papilläre Schleimhautwucherungen vorkommen, die der Läsion das Pflastersteinrelief verleihen.

Bei den meisten Patienten/Patientinnen treten keine klinischen Symptome auf, obwohl Schmerzen, Brennen oder Juckreiz möglich sind. 

Die Läsionen befinden sich an den Stellen, an denen die Prothesenbasis mit der Schleimhaut in Berührung kommt, und sind am häufigsten am Gaumen und am Alveolarfortsatz des Oberkiefers zu finden.

Zu den wichtigsten prädisponierenden Faktoren für diese Erkrankung gehören unzureichende Prothesenhygiene, ständiges Tragen von Zahnersatz (auch über Nacht) und chronisches Trauma der Schleimhaut durch schlecht sitzende Prothesen.

Chronische hyperplastische Candidose

Diese Form wird auch als „Candida-Leukoplakie“ bezeichnet. Betroffen sind vor allem die Schleimhaut des vorderen Wangenbereichs und die Seitenfläche der Zunge. Die Patienten/Patientinnen weisen scharf begrenzte Bereiche mit weißer, matter Schleimhaut oder erhabene grau-weiße Plaques mit Rissen auf, die sich nicht durch Abschaben entfernen lassen. 

Die Läsionen können auch punktförmige rote Sprenkel aufweisen, die einer gefleckten Leukoplakie ähneln.

Diese Form der Candida-Infektion tritt am häufigsten bei männlichen Rauchern mittleren Alters auf. Zu den Risikofaktoren gehören auch Nährstoffmangel und Immundefekt (einschließlich HIV-Infektion). Es besteht ein Risiko der bösartigen Entartung (bis zu 10 %) von Läsionen zu Plattenepithelkarzinomen der Mundhöhle. 

Zu den möglichen Kofaktoren gehören Tabakkonsum, Nährstoffmängel und Immundefekte. Der Krankheitsverlauf sollte nach einer antimykotischen Behandlung überwacht werden. Bleiben die Läsionen bestehen, wird eine Biopsie empfohlen, um eine epitheliale Dysplasie oder ein Plattenepithelkarzinom auszuschließen.

Anguläre Cheilitis

Sie äußert sich durch Erytheme, Risse, Krusten, Schuppung, Mazeration oder eine Kombination dieser Erscheinungen an den Mundwinkeln. Die Läsionen können einseitig sein, sind aber häufiger beidseitig anzutreffen. Bei älteren Menschen können sich die Risse bis in die Haut erstrecken.

Die Betroffenen können über Schmerzen, Brennen oder Juckreiz an den Mundwinkeln klagen. Das Krankheitsbild kann von wenigen Tagen bis zu mehreren Jahren andauern, wobei sich bei chronischen Fällen Schübe und Remissionen abwechseln können.

Die anguläre Cheilitis kann isoliert oder als Bestandteil einer chronischen multifokalen Candidose auftreten. Nicht selten sind diese Läsionen mit Staphylococcus aureus kombiniert. Prädisponierende Faktoren: Verminderung der Bisshöhe und Bildung übermäßiger Falten an den Mundwinkeln, Tragen von herausnehmbarem Zahnersatz, Eisen- oder B-Vitaminmangel, Fingerlutschen oder Lippenlecken, Einnahme von Medikamenten (systemische Retinoide, einige antiretrovirale Medikamente und Antineoplastika), HIV-Infektion.

Eine gesonderte Form der Candida-Infektion ist die chronische mukokutane Candidose. Das ist eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, bei denen eine chronisch-persistierende (manchmal lebenslange) oder rezidivierende Candidose der Schleimhäute, der Haut, der Nägel und der Genitalien auftritt, wobei auch das Gesicht und die behaarte Kopfhaut (Capillitium) betroffen sein können. Die lokalisierte Form beginnt frühkindlich als pseudomembranöse Candidose und wird bald von Nagel- und Hautbefall gefolgt. Diese Form der Candidose ist häufig behandlungsresistent und bewirkt nach einer antimykotischen Standardtherapie nur eine vorübergehende Remission.

Die familiäre mukokutane Candidose, die vermutlich autosomal-rezessiv vererbt wird, tritt bei fast der Hälfte der Patienten/Patientinnen mit gleichzeitiger Endokrinopathie (Hypoparathyreoidismus, Addison-Krankheit und manchmal Hypothyreose oder Diabetes mellitus) auf. Andere Formen der familiären mukokutanen Candidose gehen mit Störungen der zellulären Immunität und des Eisenstoffwechsels einher. Es wurde eine seltene Trias beschrieben: chronische mukokutane Candidose, Myositis und Thymom.

Diagnostik

  • Erhebung von Beschwerden und Anamnese; Beurteilung von prädisponierenden Faktoren.
  • Klinische Untersuchung und Auswertung der Anteile der Läsionen.
  • Mikrobiologische Untersuchungen (Mikroskopie, Kultur, Sensitivitätsbestimmung für Antimykotika; erforderlich bei diagnostischen Zweifeln, bei Resistenz der Krankheit gegenüber Antimykotika, bei Bedarf einer Dosisanpassung des Medikaments oder bei Identifizierung der Candida-Spezies zur Auswahl der wirksamsten Behandlung): Abstrich oder Abdruck, Entnahme der Abdruckkulturen bei Vorliegen von lokalisierten Läsionen, Speichelentnahme oder Methode der Mundhöhlenspülung bei Fehlen visuell sichtbarer Läsionen; der Nachweis von Candida in der Mundhöhle ist kein Hinweis auf eine Erkrankung. Das klinische Bild ist in Verbindung mit den Untersuchungsergebnissen zu analysieren.
  • Molekulare Untersuchungen (PCR-Diagnostik).
  • Morphologische Untersuchung: Bei hyperplastischer Candidose ist eine Biopsie erforderlich, um eine epitheliale Dysplasie auszuschließen.
  • Laboruntersuchungen: Blutbild, Serum-Ferritin-Wert, Vitamin B12, Folsäure, Glukose, Hämoglobin-A1c-Spiegel (zur rechtzeitigen Erkennung und Korrektur von systemischen prädisponierenden Faktoren).

Therapie

  • Antimykotika zur örtlichen Anwendung (Polyen-Antimykotika, Imidazol-Derivate, Triazole) in Form von oralen Suspensionen, Mundspüllösungen, Pastillen, Lutschtabletten, bei angulärer Cheilitis sind Cremes oder Salben auf der Basis von Antimykotika empfohlen.
  • Bei Prothesenstomatitis wird empfohlen, antimykotische Cremes oder Salben auch auf herausnehmbare Prothesen aufzutragen.
  • Systemische Behandlung (bei Patienten/Patientinnen mit schweren Formen der Krankheit, mit Immunschwäche oder wenn eine Lokaltherapie nicht möglich ist): orale Verabreichung von Antimykotika (Gruppe der Triazolderivate).
  • Bei hyperplastischer Candidose können lokale und systemische antimykotische Behandlungen zur vollständigen Beseitigung der Läsionen unwirksam sein. In solchen Fällen sind operative Verfahren erforderlich (Exzision der Läsionen).
  • Es ist notwendig, den Allgemeinzustand zu korrigieren und mögliche prädisponierende Faktoren durch einen Allgemeinarzt/Allgemeinärztin und Fachärzte/Fachärztinnen zu beseitigen. Die Aufrechterhaltung eines normalen Blutzuckerspiegels ist wichtig. Bei HIV-Infizierten kann eine orale Candidose auf ein Fortschreiten des Immundefekts hinweisen und erfordert eine sofortige Überweisung für eine wirksame antiretrovirale Therapie.
  • Ernährung mit Einschränkung von schnellen Kohlenhydraten, Alkohol und reizenden Nahrungsmitteln.
  • Korrektur der individuellen Mundhygiene und Schulung in wirksamer Prothesenhygiene.
  • Korrektur oder Verlegung von herausnehmbarem Zahnersatz, Einweisung der Patienten/Patientinnen in die korrekte Handhabung, wobei der Zahnersatz vor dem Schlafengehen herausgenommen werden sollte.
  • Sanierung der Mundhöhle.
  • Korrektur der Xerostomie.
  • Motivation zum Verzicht auf Rauchen.

Lichen ruber planus

Der Lichen ruber planus (auch Lichen planus oder Knötchenflechte genannt) ist eine nicht ansteckende, chronisch entzündliche, mukokutane Erkrankung unbekannter Ätiologie, die durch Schübe und Remissionen gekennzeichnet ist. Der orale Lichen ruber planus ist ein Subtyp des Lichen ruber planus und kann allein oder in Kombination mit anderen Formen von Lichen ruber planus (kutan, genital, follikulär, Lichen planus der Nägel) auftreten.

Ätiologie

Bis heute ist die Ätiologie der Krankheit nicht vollständig geklärt. Man geht davon aus, dass es sich beim Lichen ruber planus um eine Autoimmunerkrankung handelt, bei der T-Lymphozyten durch ein bisher ungeklärtes Antigen in den Keratinozyten der Basalzellschicht aktiviert werden und unter Ausbildung einer Immunantwort und Entzündungsreaktion in das Epithel einwandern. Das T-Zell-Infiltrat (CD4+ und insbesondere CD8+ Zellen) ist längs der Grenze zwischen Epithel und Bindegewebe lokalisiert. Die Aktivität der CD8+ zytotoxischen T-Lymphozyten führt zum Absterben der basalen Keratinozyten durch Auslösung der Apoptose. 

Nach unbestätigten Daten besteht bei Personen, die mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert sind, möglicherweise ein höheres Risiko, den Lichen ruber planus zu entwickeln. Der genaue Mechanismus dieses Prozesses ist unbekannt. Es wird angenommen, dass es sich um eine T-Zell-Immunantwort gegen das Hepatitis-C-Virus handelt, die mit geografischen und genetischen Einflüssen verbunden ist. 

Zu den weiteren Ursachen für Lichen ruber planus gehören genetische Faktoren (Polymorphismen in den Zytokingenen) und Umweltfaktoren. Bei der schweren Form des Lichen ruber planus, dem sogenannten „vulvovaginal-gingivalen Syndrom“, wird ein Zusammenhang mit einer Mutation im HLA-DQB1-Gen vermutet. Psychoemotionaler Stress wird ebenfalls als möglicher auslösender oder verschlimmernder Faktor angesehen, wobei der Schweregrad der Krankheit häufig mit dem Stresslevel des Patienten/der Patientin korrespondiert.

Klassifikation

Formen des oralen Lichen ruber planus:

  • retikuläre Form;
  • papulöse (papuläre) Form;
  • atrophische Form;
  • erosive Form;
  • bullöse Form;
  • plaqueartige, hypertrophe Form;
  • pigmentierte Form.

Anatomie und Symptome

Der orale Lichen ruber planus tritt vorwiegend bei Erwachsenen auf, häufiger bei Frauen über 40 Jahren. Sie kann aber auch bei Kindern vorkommen. Es lassen sich 7 klinische Formen dieser Krankheit unterscheiden. Ein Patient/eine Patientin kann mehrere Formen gleichzeitig haben, die Erscheinungsformen können sich im Laufe der Zeit ändern.

In der Regel sind die Schleimhautläsionen beidseitig und symmetrisch. Einseitige Läsionen sind selten und atypisch. Am häufigsten sind die Schleimhaut der Wangen und des Zahnfleisches, der Zungenrücken, der Schleimhautteil der Lippen und das Lippenrot betroffen. Der Mundboden und der Gaumen sind selten betroffen. Isoliert kann auch eine Läsion des befestigten Zahnfleisches (desquamative Gingivitis) festgestellt werden. Die Läsionen können an traumatisierten Stellen auftreten (Köbner-Phänomen).

Der Verlauf des oralen Lichen ruber planus ist gekennzeichnet durch Schübe und Remissionen mit Intervallen von mehreren Wochen oder Monaten.

In etwa 25 % der Fälle kann es auch zu einer Candida-Infektion kommen, die ein brennendes Gefühl sowie eine Unschärfe des Läsionsmusters verursachen kann. Weiße Läsionen (papulös, retikulär und hyperthroph) sind häufig asymptomatisch, während atrophische, erosive und bullöse Läsionen eher schmerzhaft sind.

Hautläsionen

Auf der Haut entstehen zunächst kleine, flache, rote Papeln mit einer Einbuchtung in der Mitte; im Laufe der Zeit können sie sich vergrößern, vieleckig werden und zu Plaques verschmelzen. Die Papeln können sich schließlich blau-lila verfärben und ein Netz aus dünnen weißen Linien oder Schuppen aufweisen, das Wickham-Streifen oder Wickham-Striae genannt wird. Die Hautläsionen jucken in der Regel und können sich gelb oder braun verfärben, bevor sie abklingen. Papeln und Plaques treten an allen Körperstellen auf, am häufigsten jedoch an den Beugeseiten der Handwurzeln und Unterarme, der Unterschenkel und des Rumpfes; auch die Kopfhaut und die Nägel können betroffen sein.

Retikuläre (typische, netzartige) Form

Dies ist die häufigste Form des oralen Lichen ruber planus. Die Anteile der Läsionen stellen kleine weiße oder bläulich perlmuttartige Papeln dar, die miteinander verschmelzen und ein spitzen- oder netzartiges Muster aus zahlreichen ineinander verschlungenen Linien und Streifen (Wickhamsche Streifung) bei einer unveränderten Schleimhaut bilden. Die Linien können entweder nicht tastbar oder dichter als die umgebende Schleimhaut sein. Die Läsionen sind beidseitig und symmetrisch, können eine große Fläche einnehmen und sind nicht scharf begrenzt. Am häufigsten ist die Wangenschleimhaut beiderseits betroffen; auch die Schleimhaut des Zahnfleisches, der Lippen, des Zungenrückens und der Seitenfläche der Zunge sowie das Lippenrot können betroffen sein. Die Läsionen sind in der Regel asymptomatisch. Die Patienten/Patientinnen können über Rauheit oder ein Spannungsgefühl in der Schleimhaut klagen.

Papulöse (papuläre) Form

Die Anteile der Läsionen stellen kleine (0,5–1 mm) weißliche, perlmuttartige Papeln bei einer unveränderten Schleimhaut dar, 

die sich durch Abschaben nicht entfernen lassen. Die Papeln können einzeln auftreten oder zu einem Muster aus Streifen, Linien oder Ringen verschmolzen sein. Bei der retikulären Form können Papeln auch an den Rändern des netzartigen Musters zu finden sein. Die Läsionen treten symmetrisch auf, häufiger auf der Wangenschleimhaut, und können eine große Fläche bedecken.

Atrophische Form

Die Anteile der Läsionen stellen rote Flecken mit dünnen weißen Streifen (Wickhamsche Streifung) peripher dar. Diese Form kann mit der retikulären oder erosiven Form kombiniert auftreten. Die Läsionen sind in der Regel beidseitig und treten häufiger an der Wangenschleimhaut, am Zungenrücken und an der Seitenfläche der Zunge auf, können aber auch den Mundboden und den weichen Gaumen betreffen. Die Papillen fehlen am Zungenrücken in den Bereichen der Atrophie. Die Schleimhaut des befestigten Zahnfleisches ist grellrot und glänzend (desquamative Gingivitis). Die Läsionen sind schmerzhaft, die Patienten/Patientinnen können auch über ein brennendes Gefühl in der Schleimhaut, 

Geschmacksveränderungen, Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und dem Zähneputzen klagen.

Erosive Form

Die Läsionen erscheinen als hochrote Erosionen bei einer geschwollenen hyperämischen Schleimhaut. Die Erosionen können mit flachen Geschwüren einhergehen, manchmal sind die Läsionen mit weißen Streifen oder Papeln kombiniert. Die Oberfläche der Erosionen kann mit einer glatten, etwas erhabenen, gelblichen Fibrinschicht bedeckt sein. Die Ränder der Läsionen können infolge von Fibrose und allmählicher Heilung an der Peripherie leicht eingedrückt sein.

Die Läsionen sind symmetrisch und betreffen am häufigsten die Schleimhaut von Wangen, Zunge und Zahnfleisch. Die desquamative Gingivitis kann eine isolierte Läsion sein. Sie äußert sich in Form von Filmen und Erosionen auf der Zahnfleischschleimhaut, wobei die vestibuläre Oberfläche am meisten betroffen ist. In schweren Fällen kann auch die orale Oberfläche miterfasst sein. Die Läsionen können auch am Lippenrot auftreten und neigen dazu, diesen Bereich diffus zu befallen, überschreiten aber fast nie die Grenze zwischen dem Lippenrot und dem Hautbereich der Lippen. Die Beschwerden der Patienten/Patientinnen reichen von leichtem Brennen bis hin zu quälenden Schmerzen, die die Lebensqualität erheblich einschränken. Die Läsionen können das Zähneputzen, Sprechen und Essen beeinträchtigen.

Bullöse Form

Dies ist eine seltene Form des Lichen ruber planus. Die Anteile der Läsionen stellen Blasen (Bullae) dar, deren Größe von einem Stecknadelkopf bis zu einer Bohne reicht. Die Blasen sind kurzlebig, platzen schnell und bilden schmerzhafte Erosionen und Geschwüre mit unglatten Konturen. Der Boden von Erosionen und Geschwüren kann mit einer gelblichen Fibrinschicht bedeckt sein. An den Rändern der Läsionen finden sich häufig weiße Streifen oder ein netzartiges Muster. In der Regel entstehen die Läsionen an der Wangenschleimhaut, vor allem im hinteren und unteren Bereich in der Nähe des zweiten und dritten Molaren. Die Zunge, das Zahnfleisch und die Lippenschleimhaut sind weniger häufig betroffen. Die Patienten/Patientinnen klagen in der Regel über starke Schmerzen, Schwierigkeiten beim Sprechen, Zähneputzen und Essen.

Plaqueartige, hypertrophe Form

Die Anteile der Läsionen erscheinen als durchgehende, flache oder leicht erhabene weiße Plaques oder asymmetrisch geformte Flecken mit glatter oder etwas unregelmäßiger Oberfläche. Die Läsion ähnelt der Leukoplakie, hat aber im Gegensatz dazu eine multifokale Ausbreitung.

Die häufigsten Lokalisationen der Läsionen sind Zungen- und Wangenschleimhaut. Diese Form des Lichen ruber planus ist meist asymptomatisch.

Pigmentierte Form

In der Literatur wird sie oft nicht als gesonderte Form beschrieben. Die Anteile der Läsionen befinden sich auf der Wangenschleimhaut, seltener auf dem Zungenrücken und der Seitenfläche der Zunge. Die Läsionen erscheinen als ein unregelmäßig geformter Bereich diffuser brauner Pigmentierung mit unscharfen Konturen bei einer unveränderten Schleimhaut, oft kombiniert mit einem weißen Linien- oder Netzmuster. Diese Form des Lichen ruber planus ist asymptomatisch, die Pigmentierung kann noch lange nach Abklingen der Anteile der Läsionen bestehen bleiben.

Diagnostik

Die Diagnose eines Lichen ruber planus wird auf der Grundlage der Anamnese, des klinischen Bildes (Vorliegen symmetrischer Läsionen mit unscharfen Konturen, mögliche Kombination mit Haut- und/oder anderen Schleimhautläsionen) und der histopathologischen Untersuchung gestellt.

Die direkte Immunfluoreszenz (Nachweis der Ablagerung von IgM-Antikörpern in subepithelialen Zytoid-Körperchen und Fibrinogen) ist für Lichen ruber planus unspezifisch, kann aber für die Differentialdiagnose mit Lupus erythematodes, Pemphigoid und Pemphigus erforderlich sein und ist von besonderer Bedeutung im Fall von Lichen ruber planus, das sich nur als desquamative Gingivitis manifestiert.

Histologisches Bild: Hyperkeratose/Parakeratose (retikulärer, papulöser und hypertropher Typ) oder Ausdünnung des Epithels 

(atrophischer, erosiver und bullöser Typ); die Dicke der Stachelzellschicht kann variieren; epitheliale interpapilläre Fortsätze können vergrößert sein oder ganz fehlen, typischerweise sind sie spitz („Sägesymptom“); die Basalmembran ist beschädigt, ödematös; Degeneration und Apoptose von Keratinozyten der Basalzellschicht des Epithels (Kolloid-, Zytoid-, Hyalin-Körperchen, Civatte-Körperchen); diffuses bandförmiges lymphoides Infiltrat (meist T-Lymphozyten) an der Grenze zwischen Epithel und Bindegewebe; Fibrinogenablagerungen im Bereich der Basalmembran; in der Eigenschicht der Schleimhaut (Lamina propria mucosae) kann Melanin von basalen Keratinozyten nachweisbar sein.

Zur Sicherung der klinischen Diagnose und zum Ausschluss von Dysplasie und Malignität wird eine Biopsie empfohlen. Das histologische Bild des Lichen ruber planus ist charakteristisch, aber nicht spezifisch, da andere Erkrankungen wie die lichenoide Reaktion, die Graft-versus-Host-Reaktion oder das Anfangsstadium der proliferativen verrukösen Leukoplakie ähnliche Veränderungen aufweisen können.

Therapie

Patienten/Patientinnen mit retikulären und sonstigen asymptomatischen Läsionen benötigen in der Regel keine Behandlung. Es sollten auslösende und verschlimmernde Faktoren festgestellt und ausgeschlossen werden (Beseitigung von Traumata durch scharfe Zahnkanten, fehlerhafte Zahnrestauration oder Basen von herausnehmbaren Zahnprothesen, Ersatz von Metallfüllungen und Konstruktionen aus artfremden Metallen).

Dem Patienten/der Patientin sollte empfohlen werden, mit dem Tabakrauchen oder -kauen und Alkoholkonsum aufzuhören, da diese schlechten Gewohnheiten das Risiko einer Malignisierung erhöhen können. Die Motivation zu einer gründlichen Mundhygiene ist wichtig.

Eine Biopsie ist notwendig, um Anzeichen einer Dysplasie auszuschließen.

Bei Schmerzen, Erosionen oder Geschwüren wird eine medikamentöse Therapie durchgeführt. Topische Arzneimittel sind Mittel der ersten Wahl, da sie weniger Nebenwirkungen haben. Bei großflächigen Läsionen oder bei Nichtansprechen auf die lokale Behandlung kann der Einsatz von systemischen Medikamenten erforderlich sein.

  • Kortikosteroide zur örtlichen Anwendung (Mundspülungen, Gele, Salben, bei desquamativer Gingivitis auch in Kappen anwendbar), intrafokale Injektionen von Kortikosteroiden. Die Anwendung von topischen Kortikosteroiden kann das Risiko einer Candidose erhöhen; in diesem Fall ist eine Begleittherapie mit Antimykotika erforderlich.
  • Systemische Kortikosteroide (bei ausgedehnten Haut- und Schleimhautläsionen und schweren symptomatischen Formen des oralen Lichen ruber planus, die nicht mit topischen Mitteln behandelt werden können).
  • Calcineurininhibitoren zur örtlichen und systemischen Anwendung (bei Resistenz gegen Steroide oder in Fällen, in denen Kortikosteroide kontraindiziert sind).
  • Topische und systemische Retinoide (mit antikeratinisierender und immunmodulierender Wirkung), meist in Kombination mit topischen Kortikosteroiden.
  • In sehr schweren und resistenten Fällen kann eine immunsuppressive Therapie (PUVA, Immunsuppressiva und Zytostatika aus der Gruppe der Antimetaboliten, Hemmer der Inosinmonophosphat-Dehydrogenase, 4-Aminochinolin-Derivate) eingesetzt werden.
  • Symptomatische Behandlung (Lokalanästhetika in Form von Sprays, Mundspülungen oder Gelen).

Die Läsionen bei oralem Lichen ruber planus sind in der Regel hartnäckiger als Hautläsionen.

Wenn die medikamentöse Therapie nicht erfolgreich ist, können chirurgische Methoden (Exzision oder Kryodestruktion von kleinen Herden) zum Einsatz kommen.

Je nach extraoralen Anzeichen und Symptomen kann eine Überweisung an eine/n Facharzt/-ärztin für Dermatologie, Gynäkologie und Psychotherapie in Betracht gezogen werden.

Da das Risiko einer Malignisierung in 1–2 % der Fälle besteht, ist eine regelmäßige Verlaufskontrolle des Patienten/der Patientin erforderlich. Eine bösartige Entartung ist häufiger mit einer erosiven und atrophischen Form des Lichen ruber planus und/oder mit Tabakkonsum verbunden.

Leukoplakie

Als Leukoplakie werden weiße Flecken oder Beläge auf der Schleimhaut bezeichnet, die nicht abgeschabt werden können und sich weder klinisch noch histopathologisch einer definierten Krankheit zuordnen lassen und die mit keinen anderen physikalischen oder chemischen Faktoren außer dem Tabakkonsum in Verbindung gebracht werden. Der Begriff ist rein klinisch und beinhaltet keine spezifischen histopathologischen Gewebeveränderungen.

Ätiologie

Die Leukoplakie ist die häufigste potenziell bösartige Erkrankung. Die Ursachen dieser Erkrankung sind nach wie vor unbekannt, obwohl es viele Hypothesen gibt:

  • Tabakkonsum. Substanzen, die beim Rauchen freigesetzt werden, und Wärme wirken als lokale Reizstoffe und verursachen Schleimhautveränderungen. Die Kombination der krebserregenden Wirkung von Tabak und Wärme erhöht das Risiko einer bösartigen Entartung beim sogenannten „Rückwärtsrauchen“ (Halten des brennenden Endes einer Zigarette im Mund) erheblich. Die Läsionen verschwinden oft innerhalb des ersten Jahres nach dem Rauchstopp oder verkleinern sich. Der Konsum von rauchlosen Tabakprodukten (Kauen von Tabak, Auflegen von Tabak oder Snus auf die Schleimhaut) verursacht häufig einen charakteristischen weißen Belag auf der Schleimhaut, die als rauchlose Tabakkeratose bezeichnet wird. Darüber hinaus besteht die sogenannte Nikotinstomatitis oder „Rauchergaumen“, bei der es sich um eine generalisierte Veränderung der Schleimhaut des harten Gaumens handelt, die anscheinend eine Reaktion auf die beim Tabakrauchen (meist Pfeifen oder Zigarren) entstehende Wärme ist.
  • Alkoholkonsum. Die Prävalenz von Leukoplakie ist bei Personen, die regelmäßig oder gelegentlich Alkohol konsumieren, höher.
  • Betelnusskonsum.
  • Humanes Papillomvirus (HPV), Typ 16 und 18, Herpes-simplex-Virus.
  • Candida-Pilze.
  • Dauerhafte Verletzung oder lokale Reizung in der Mundhöhle.
  • Galvanismus.
  • Nährstoffmangel, Hypovitaminose A und B.
  • Xerostomie.
  • Arzneimittel: Anticholinergika, Antimetaboliten.
  • Kanadische Blutwurzel oder Sanguinaria canadensis (Pflanzenextrakt, der in Zahnpasten und Mundspülungen enthalten ist).
  • Ultraviolettstrahlung.
  • Die Haarleukoplakie wird durch das Epstein-Barr-Virus verursacht und entwickelt sich bei HIV-Infizierten mit einer CD4+-Zahl von weniger als 400 Zellen/mm3 oder bei Menschen mit Immunsuppression, hauptsächlich nach Organtransplantationen.

Klassifikation

  • Homogene Leukoplakie;
  • Inhomogene Leukoplakie;
    • Erythroplakie;
    • Noduläre Leukoplakie;
    • Gefleckte Leukoplakie;
    • Verruköse Leukoplakie;
  • Haarleukoplakie;
  • Leuködem;
  • Nikotinstomatitis;
  • Rauchlose Tabakkeratose.

Anatomie und Symptome

Der pathologische Prozess entwickelt sich langsam, über mehrere Monate oder Jahre. Die Leukoplakie der Mundhöhle betrifft in der Regel Menschen über 40 Jahre. Die Läsionen können an jeder Stelle der Mundschleimhaut auftreten und lassen sich nicht durch Abschaben entfernen. Die Größe der Läsionen kann von kleinen, unregelmäßig geformten Flecken bis hin zu diffusen Läsionen reichen, die eine große Fläche der Schleimhaut bedecken.

Homogene Leukoplakie

Die Anteile der Läsionen stellen flache oder leicht konvexe Flecken/Plaques dar, die weiß, gräulich-weiß oder gelblich-weiß und scharf begrenzt sind. Die Oberfläche der Läsionen ist glatt, faltig oder zerfurcht, und die Konsistenz ist weich. Am häufigsten sind die Schleimhaut der Wangen, der Lippen, der Zunge, seltener der Gaumen, der Alveolarfortsatz, der Mundboden und das befestigte Zahnfleisch betroffen.

In der Regel ist diese Form der Leukoplakie asymptomatisch. Manche Patienten/Patientinnen klagen über eine Verdickung oder Rauheit der Schleimhaut.

Erythroplakie

Bei der Erythroplakie handelt es sich um einen scharf begrenzten, grellroten Fleck oder eine Plaque auf der Schleimhaut, die eine weiche, samtige oder körnige Textur aufweist. Manchmal können die Läsionen im Vergleich zur umgebenden Schleimhaut etwas eingedrückt sein.

Am häufigsten sind der Mundboden, die Zunge, der weiche Gaumen, die Wangenschleimhaut sowie das untere Lippenrot betroffen, wobei multiple Läsionen auftreten können.

In einigen Fällen ist die Erythroplakie mit weißen Flecken kombiniert (solche Läsionen werden Erythroleukoplakie genannt). Die Läsionen sind in der Regel asymptomatisch. Die Erythroplakie ist mit der stärksten Dysplasie und Anfälligkeit für Malignisierung verbunden.

Noduläre Leukoplakie

Es handelt sich um weiße Läsionen in Form von scharf begrenzten, kleinen polypenartigen Wucherungen oder abgerundeten weißen Knötchen. Am häufigsten kommen sie an den Lippenkommissuren, der Wangenschleimhaut, der Seitenfläche der Zunge und dem weichen Gaumen vor.

Gefleckte (gesprenkelte) Leukoplakie

Sie stellt eine gemischte weiß-rote Läsion dar, die als roter Schleimhautbereich mit multiplen weißen Flecken oder Knötchen erscheint. Am häufigsten ist sie auf der Wangenschleimhaut und der Seitenfläche der Zunge zu finden und kann auch die Lippenschleimhaut und den Mundboden betreffen. Diese Läsionen weisen eine hochgradige Dysplasie auf und haben ein hohes Malignitätspotential.

Verruköse Leukoplakie

Es handelt sich um weiße, dichte Läsionen mit starker Verhornung und warzenartigen Wucherungen, die über die Schleimhautoberfläche herausragen. Die Oberfläche kann gewellt oder faltig sein. Häufig sind die Seitenfläche der Zunge, der Mundboden, die Wangenschleimhaut, das befestigte Zahnfleisch sowie der weiche und harte Gaumen betroffen.

Die proliferative verruköse Leukoplakie (PVL), ein Untertyp der verrukösen Form, ist durch die Entwicklung multipler keratotischer Plaques mit einer rauen Oberfläche gekennzeichnet. Die PVL kann einen einzelnen Bereich betreffen, ist aber häufiger multifokal und befällt das Zahnfleisch, die Wangenschleimhaut und die Zunge. Die Läsionen beginnen in der Regel als typische homogene Leukoplakie, wachsen aber stetig und werden schließlich zu warzenartigen Wucherungen und Ausstülpungen.

Diese Form neigt zu einem starken Wiederauftreten, ist häufiger bei Frauen und HPV-positiven Patienten/Patientinnen anzutreffen und wird in der Regel nicht mit dem Tabakrauchen in Verbindung gebracht. Mit dem Voranschreiten der Läsionen wandeln sie sich in Plattenepithel- oder Warzenkarzinome um (oft innerhalb von 8 Jahren nach der primären PVL-Diagnose).

In der Regel verläuft die inhomogene Leukoplakie beschwerdefrei. Wenn oberflächliche Ulzerationen auftreten, kann der Patient/die Patientin über Unbehagen, Kribbeln und Empfindlichkeit der betroffenen Stellen gegenüber Berührungen, heißen Getränken oder scharfen Speisen klagen.

Haarleukoplakie

Es handelt sich um weiße oder gräulich-weiße, gewellte Läsionen, die mit der Schleimhaut verwachsen sind und sich über deren Oberfläche hinaus erheben; sie befinden sich auf der Seitenfläche der Zunge mit eventueller Ausdehnung auf den Zungenrücken und die Unterseite der Zunge, symmetrisch rechts und links und scharf begrenzt. Die Oberfläche der Läsionen bildet auffällige vertikale Falten oder fadenförmige Ausstülpungen (manchmal so auffällig, dass sie „Haaren“ ähneln). Mit der Zeit kann die Läsion flach werden und andere Formen von Leukoplakie imitieren. Sehr selten ist die Haarleukoplakie auf der Wangenschleimhaut, dem Mundboden oder dem Gaumen zu finden. Die Haarleukoplakie verläuft asymptomatisch, manchmal klagen die Patienten/Patientinnen über einen ästhetischen Mangel.

Leuködem

Es handelt sich um eine weiße, ausgedehnte, schleier- oder filmartige, gräulich-weiße, halbdurchscheinende und opaleszierende Läsion mit kleinen Falten. Sie befindet sich in der Regel auf der Schleimhaut der Wangen und Lippen und tritt häufiger beidseitig auf. Beim Ausdehnen der Schleimhaut wird sie weniger sichtbar. Leuködeme kommen häufiger bei Schwarzen Menschen vor. Bei Rauchern tritt diese Erkrankung auch häufiger auf, und schlechte Mundhygiene kann ebenfalls ein prädisponierender Faktor sein. Die Krankheit verläuft asymptomatisch und hat kein Malignitätspotential.

Nikotinstomatitis (Rauchergaumen)

Es handelt sich um eine spezifische weiße Läsion, die sich bei starken Zigaretten-, Pfeifen- und Zigarrenrauchern am harten und weichen Gaumen entwickelt. Die Schleimhaut des Gaumens wird diffus grau oder weiß und weist zahlreiche leicht erhabene Papeln mit roten Punkten in der Mitte auf. Solche Papeln stellen entzündete kleine Speicheldrüsen und die Öffnungen ihrer Ausführungsgänge dar. Die Läsion ist asymptomatisch und hat kein Malignitätspotential.

Rauchlose Tabakkeratose

Es handelt sich um eine charakteristische weiße oder gräuliche Läsion in Form eines halbdurchscheinenden Films oder Belags auf der Schleimhaut, die in direktem Kontakt mit Tabak oder Snus steht, am häufigsten in der Umschlagfalte des Ober- oder Unterkiefers. Die Schleimhaut erscheint faltig oder wellenförmig und ähnelt dem Sand an einem Strand nach der Ebbe. Manchmal liegt ein leichtes peripheres Erythem vor. Bei Palpation ist die Läsion weich und samtartig. Beim Ausdehnen der Schleimhaut ist oft ein ausgeprägtes „Säckchen“ im Bereich des ständigen Auflegens von Tabak zu erkennen. Die Läsionen sind meist asymptomatisch und haben ein geringes Risiko einer bösartigen Entartung.

Diagnostik

Die Leukoplakie ist eine rein klinische Diagnose. Die endgültige Diagnose wird anhand der Anamnese, der klinischen Untersuchung und der histopathologischen Untersuchung gestellt.

Eine histopathologische Untersuchung ist erforderlich, um andere Krankheiten mit ähnlichen Symptomen (Lichen planus, chronisches Wangenbeißen, Friktionskeratose, weißer Schleimhautnävus (Naevus spongiosus albus mucosae)) auszuschließen und wenn der Verdacht auf Dysplasie besteht. Bei großen oder multifokalen Läsionen können mehrere Biopsien erforderlich sein.

Eine Biopsie ist obligatorisch bei Leukoplakie bei Patienten/Patientinnen mit früheren oder begleitenden Kopf- und Halskarzinomen, bei Erythroplakie, bei inhomogenen Läsionen, bei Läsionen mit hohem Risiko einer bösartigen Entartung (Mundboden, Unterseite der Zunge, weicher Gaumen), bei Vorliegen von Symptomen und bei Fehlen erkennbarer auslösender Faktoren.

Zusätzlich zur Biopsie kann eine Vitalfärbung (Toluidinblau) oder eine Fluoreszenzbildgebung durchgeführt werden.

Mikroskopisch ist die Leukoplakie durch eine Verdickung der Keratinschicht des oberflächlichen Epithels (Hyperkeratose) mit oder ohne Verdickung der Stachelzellschicht (Akanthose) gekennzeichnet. Einige Leukoplakien weisen eine oberflächliche Hyperkeratose auf, zeigen aber eine Atrophie oder Ausdünnung des darunter liegenden Epithels. Häufig wird im darunter liegenden Bindegewebe ein chronisch entzündliches Infiltrat festgestellt.

Auch wenn die Leukoplakie klinisch homogen ist, kann sie histologisch inhomogen sein und Bereiche mit epithelialen Dysplasien enthalten.

Bei Erythroplakie wird in 75–90 % der Läsionen eine schwere Epitheldysplasie, ein Carcinoma in situ oder ein oberflächlich invasives Plattenepithelkarzinom diagnostiziert.

Haarleukoplakie: In der Regel sollten die Symptome, das fehlende Ansprechen auf eine antimykotische Therapie in Kombination mit anderen Anzeichen einer Immunschwäche sowie die soziale und medizinische Anamnese des Patienten/der Patientin Anhaltspunkte für die vorläufige Diagnose liefern. Der Nachweis von Epstein-Barr-Virus-Einschlüssen kann durch In-situ-Hybridisierung, PCR und Elektronenmikroskopie erfolgen. Die Haarleukoplakie kann als klinischer Marker für den Schweregrad der HIV-Infektion verwendet werden, da die meisten Patienten/Patientinnen mit solchen Läsionen eine Anzahl von CD4+ T-Zellen von weniger als 400/mm3 aufweisen.

Therapie

Das Hauptziel der Behandlung der oralen Leukoplakie sollte die Überwachung und Prävention von Mundhöhlenkarzinomen sein.

Eine Änderung der Risikofaktoren ist notwendig (Einschleifen von scharfen Zahnkanten, fehlerhaften Zahnprothesen, Beseitigung von artfremden Metallen in der Mundhöhle, Verzicht auf Rauchen und Alkohol, rauchlosen Tabak und Betelnuss). In vielen Fällen bildet sich die Leukoplakie nach dem Rauchstopp zurück.

Wenn die Beseitigung der Risikofaktoren nicht innerhalb von 3 Wochen positive Ergebnisse bringt, wird eine histopathologische Untersuchung empfohlen.

Die Anwendung von topischen Zytostatika, topischen und systemischen Retinoiden hat sich bei der Krebsprävention nicht als wirksam erwiesen. Eine medikamentöse Behandlung der Leukoplakie kann wirksam sein, um die Größe der Läsion vor der Operation zu verringern.

Zum Einsatz kommen die chirurgische Exzision von Läsionen mit Skalpell oder CO2-Laser, Laserablation, Kryochirurgie und Hochfrequenzchirurgie. Obwohl es nach der chirurgischen Exzision zu einem Rezidiv kommen kann, ermöglicht die Exzision eine vollständige histologische Untersuchung der Läsion auf das Vorliegen oder Fehlen hochgradig bösartiger Dysplasien oder Karzinome. Die photodynamische Therapie wird mit begrenztem Erfolg eingesetzt.

Einige Leukoplakien ohne Dysplasie oder mit minimaler Dysplasie können innerhalb weniger Monate nach Änderung der Risikofaktoren verschwinden oder sich verkleinern. Wenn sich das klinische Erscheinungsbild der Läsion jedoch mit der Zeit verschlimmert, sollte eine Biopsie durchgeführt werden. Eine Leukoplakie mit mittelschwerer oder schwerer Dysplasie erfordert eine vollständige Entfernung, wenn möglich, und eine sorgfältige klinische Überwachung.

Zu den klinischen Faktoren, die mit einem erhöhten Risiko einer bösartigen Entartung der Leukoplakie assoziiert sind, gehören weibliches Geschlecht, fortgeschrittenes Alter, Nichtraucherstatus, Persistenz der Läsion über mehrere Jahre, Größe der Läsion über 200 mm2, multifokale Erkrankung, heterogenes Erscheinungsbild der Läsion, Mitbeteiligung des weichen Gaumens, der Unterseite der Zunge oder des Mundbodens und Mundkrebs in der Anamnese. Bei inhomogenen Leukoplakien ist die Wahrscheinlichkeit einer bösartigen Entartung größer als bei homogenen Leukoplakien.

Zur Vorbeugung bösartiger Veränderungen sollten alle Patienten/Patientinnen mit Leukoplakie mindestens zweimal pro Jahr nachuntersucht werden.

Rauchlose Tabakkeratose: Läsionen, die 4 Wochen nach dem Verzicht auf rauchlosen Tabak fortbestehen, sollten biopsiert werden. Die Behandlungstaktik hängt vom Befund der histologischen Untersuchung ab. Bei Keratosen ohne Dysplasie oder Malignität genügen eine kontinuierliche Überwachung und ein Rauchstopp.

Die Nikotinstomatitis ist vollständig reversibel, auch wenn sie schon seit Jahrzehnten besteht. Der Gaumen kehrt in der Regel innerhalb von 1–2 Wochen nach dem Rauchstopp zur normalen Form zurück. Jegliche weiße Läsion auf der Gaumenschleimhaut, die einen Monat nach dem Rauchstopp bestehen bleibt, sollte als echte Leukoplakie betrachtet und entsprechend behandelt werden.

Bei einem Leuködem ist keine Behandlung erforderlich. Es wird empfohlen, mit dem Rauchen aufzuhören.

Die Haarleukoplakie verschwindet in der Regel nach einer antiretroviralen Therapie oder einer Stabilisierung des Immunstatus. In der Regel ist keine Behandlung erforderlich. Eine antimykotische Therapie kann zu einer gewissen Verkleinerung der Läsionsfläche führen, beseitigt die Infektion jedoch nicht. Die Virostatika können die Läsionen ebenfalls reduzieren, aber nach dem Abbruch der Therapie kann es zu einem Rezidiv kommen.

Rezidivierende aphthöse Stomatitis (RAS)

Als rezidivierende aphthöse Stomatitis (habituelle Aphthen, chronisch-rezidivierende Aphthen, rezidivierende benigne Aphthosis, chronisch-rezidivierende Aphthose) bezeichnet man eine anhaltende, weit verbreitete Krankheit unbekannter Ätiologie, die sich durch rezidivierende Entwicklung von einzelnen oder multiplen Aphthen auf der Mundschleimhaut mit periodischen Exazerbationen manifestiert.

Bei Aphthen handelt es sich um Schleimhautläsionen in Form von schmerzhaften, rundlichen oder ovalen, flachen Geschwüren mit gelblich-grauem Boden, glatten Rändern und einem roten Entzündungshof.

Ätiologie

RAS ist keine Infektionskrankheit und ist nicht ansteckend.

Die genaue Ätiologie und Pathogenese von RAS sind bis heute nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass die immunvermittelte Zerstörung des Epithels unter Beteiligung von Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α), zytotoxischen CD8+ T-Zellen, natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), Makrophagen und Mastzellen die Grundlage der Pathogenese bildet.

Die Ursachen für diese immunologische Reaktion sind nicht vollständig geklärt, und der Prozess ist wahrscheinlich multifaktoriell. Es wurde eine Reihe von auslösenden Faktoren identifiziert, die diese Krankheit nicht verursachen, aber das Auftreten von Aphthen bei erstmalig von rezidivierender aphthöser Stomatitis betroffenen Personen beeinflussen können:

  • Trauma: Verletzung der Schleimhaut durch Zahnkanten oder Restaurationen, Beißen, Hygienegegenstände oder Lebensmittel.
  • Psychoemotionaler Stress, Angststörungen (einschließlich Selbstverletzungen aufgrund von psychischen Störungen).
  • Genetische Faktoren und Familienanamnese: Träger der spezifischen Leukozytenantigene HLA-A2, A11, B12, DR2, Polymorphismus der Gene IL-1, IL-6, NOS2. Bei Patienten/Patientinnen, deren Eltern RAS haben, liegt die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Läsionen bei 90 %, bei Patienten/Patientinnen ohne RAS-positive Eltern dagegen bei 20 %.
  • Chemische Substanzen: hoher Gehalt an Nitraten im Trinkwasser, Natriumlaurylsulfat (SLS) in Zahnpasta, Chemotherapie, zytotoxische Arzneimittel, NSAR, Biphosphonate, Betablocker, Angiotensin-Rezeptorblocker, Trimethoprim/Sulfamethoxazol, Nicorandil (es besteht der Verdacht auf eine Immunreaktion auf einen oralen Antigenreiz).
  • Rauchen: Die Häufigkeit und der Schweregrad von RAS sind bei Rauchern/Raucherinnen geringer als bei Nichtrauchern/Nichtraucherinnen, und es sind Fälle bekannt, in denen die RAS nach dem Rauchstopp auftritt.
  • Nahrungsmittelallergien: viele Nahrungsmittel (Käse, Schokolade, Kaffee, Kuhmilch, Nüsse, Erdbeeren, Tomaten), Farb-, Aroma- und Konservierungsstoffe.
  • Gluten bei Personen mit Zöliakie.
  • Mangel an Eisen, Folsäure, Zink, Vitaminen B1, B2, B6, B12 und C, Vitamin E und Selen.
  • Veränderungen des Sexualhormonspiegels (während des Eisprungs oder vor der Menstruation, in der Menopause). Während der Schwangerschaft kommt es zu einer Remission der Aphthen.

Klassifikation

  • Typus minor (Minor-Form, Mikulicz-Aphthen);
  • Typus major (Major-Form, Sutton-Aphthen);
  • Typus herpetiformis (herpetiformer Typ, Stomatitis herpetiformis).

Anatomie und Symptome

Die Krankheit ist weltweit verbreitet (bei etwa 20 % der Weltbevölkerung), hat einen chronischen Verlauf und kann im Laufe des Lebens mit unterschiedlicher Häufigkeit und Ausprägung wiederkehren. Bei Kindern (unter 8 Jahren) tritt die Minor-Form häufiger auf, die Entwicklung der Major-Form beginnt häufiger in der Pubertät. Die Manifestationen der Stomatitis herpetiformis werden meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr festgestellt und verstärken sich im Alter von 30 bis 50 Jahren, danach nehmen Häufigkeit und Schweregrad der Schübe ab. Die rezidivierende aphthöse Stomatitis tritt häufiger bei Frauen auf.

Typus minor (Minor-Form, Mikulicz-Aphthen)

Dies ist die häufigste Form. Sie tritt häufig bei Menschen im Alter von 10 bis 40 Jahren auf.

In den meisten Fällen entstehen Aphthen an unverhornten Stellen der Schleimhaut (Lippenschleimhaut, Wangenschleimhaut, Unterseite der Zunge, weicher Gaumen, Rachenenge, Mandeln und Mundboden). Am häufigsten treten die Läsionen im vorderen Abschnitt der Mundhöhle auf. Äußerst selten sind Läsionen im Bereich des befestigten Zahnfleisches, des harten Gaumens und der Rückseite der Zunge zu finden.

Die Aphthen stellen kleine (bis 1 cm, in der Regel 2–5 mm im Durchmesser), flache, ovalförmige Geschwüre mit deutlichen 

Konturen dar. Geschwüre, die entlang der Umschlagfalte auftreten, haben oft eine längliche Form. Der Boden des Geschwürs ist mit Fibrinbelag bedeckt, der anfangs gelblich ist und mit fortschreitender Epithelisierung grau wird. Das Geschwür ist von einem erythematösen Saum umgeben.

Die Läsionsanteile konfluieren selten, und die Zahl der gleichzeitigen Läsionen liegt zwischen 1 und 5. Den Aphthen geht in der Regel ein Prodromalstadium voraus, ein Gefühl von Schmerzen, Brennen, Juckreiz oder Kribbeln im Laufe von 1–2 Tagen, bevor das Geschwür auftritt. Dann erscheint ein roter Fleck auf der Schleimhaut, der sich später in eine Aphthe verwandelt.

Die Läsionen sind schmerzhaft. Wenn die Seiten- oder Unterfläche der Zunge betroffen ist, sind die Schmerzen in der Regel nicht proportional zur Größe der Läsion. Der Allgemeinzustand verschlimmert sich nicht.

Aphthen heilen spontan, ohne Narbenbildung, innerhalb von 9–14 Tagen ab. Die Rezidivrate ist von Person zu Person unterschiedlich (von einigen Wochen bis zu mehreren Jahren). Bei einigen Patienten/Patientinnen kann die Krankheitsaktivität nahezu konstant bleiben, wobei neue Läsionen im Zuge der Epithelisierung alter Läsionen auftreten können.

Bei rezidivierender aphthöser Stomatitis kommt es nicht zur Bläschenbildung, die ein diagnostisches Unterscheidungsmerkmal darstellt.

Typus major (Major-Form, Sutton-Aphthen, Periadenitis mucosae necrotica recurrens)

Diese Form tritt bei etwa 10–15 % der Patienten/Patientinnen auf. Der Krankheitsbeginn liegt häufiger nach der Pubertät, und die Rezidive können jahrzehntelang bestehen bleiben, wenn der entsprechende auslösende Faktor nicht beseitigt wird. 

Bei der Major-Form ist die Rezidivrate höher als bei der Minor-Form.

Die Sutton-Aphthen stellen eine schwere Form der aphthösen Stomatitis dar. Die Lokalisation der Geschwüre stimmt bei der Major-Form mit der der Mikulicz-Aphthen überein. Am häufigsten sind die Schleimhaut der Lippen, der Wangen, des weichen Gaumens und der Mandeln, weniger häufig das Zahnfleisch und der harte Gaumen betroffen. Die Läsionen sind größer (≥ 1 cm, manchmal bis zu 5 cm), tiefer, kraterförmig, können eine von der normalen ovalen Form abweichende, asymmetrische Form mit unglatten Konturen haben. Die Geschwüre sind oft von einem erythematösen Saum umgeben.

Die Läsionen sind in der Regel solitär, selten multipel (2–3). Bei der Major-Form sind die Aphthen schmerzhafter als bei der Minor-Form und können das Sprechen und die Nahrungsaufnahme behindern. Bei einer Sekundärinfektion des Geschwürs kann es zu einer Vergrößerung der submandibulären, vorderen Halslymphknoten und Ohrspeicheldrüsenlymphknoten kommen.

Im Vergleich zur Minor-Form ist die Major-Form therapieresistenter.

Typus herpetiformis (Stomatitis herpetiformis)

Dies ist am wenigsten häufige Variante der aphthösen Stomatitis, die bei 5–10 % der Personen auftritt. Diese Geschwüre treten häufiger bei Frauen und in der Regel in höherem Alter als andere Formen von RAS auf.

Die Stomatitis herpetiformis ist durch die größte Anzahl von Läsionen und die häufigsten Rezidive gekennzeichnet. Die herpetiformen Aphthen stehen in keinem Zusammenhang mit dem Herpes-simplex-Virus und werden nur deshalb so genannt, weil diese RAS-Form Ähnlichkeiten mit herpetiformen Läsionen aufweist.

Obwohl die unverhornte Schleimhaut am häufigsten betroffen ist, können Aphthen an jedem Abschnitt der Mundschleimhaut auftreten. Die Läsionen stellen multiple (von 10 bis 100 Stück) flache, rundliche, gräulich-weiße, von 1 bis 3 mm große Geschwüre dar. Die Geschwüre sind von einem Erythem umgeben. Die Aphthen sind sehr schmerzhaft und können zu größeren, unregelmäßig geformten Läsionen konfluieren.

Die Abheilung erfolgt ohne Narbenbildung innerhalb von 7–14 Tagen. Es treten oft schon nach sehr kurzer Zeit Rezidive auf. Bei einigen Patienten/Patientinnen rezidivieren die Läsionen so häufig, dass die Ulzeration fast ununterbrochen sein kann.  

Das Fehlen von Bläschen und Gingivitis mit häufigem und wiederkehrendem Charakter unterscheidet die Stomatitis herpetiformis von der Stomatitis herpetica.

Diagnostik

RAS ist eine Ausschlussdiagnose. Zu den Begleitsymptomen, die die Diagnose einer rezidivierenden aphthösen Stomatitis ausschließen, gehören: Anstieg der Körpertemperatur, Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Gewichtsverlust, Muskel- oder Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Husten, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, vergrößerte und/oder schmerzhafte Lymphknoten, Ausschlag, Vorhandensein von Haut-, Genital- und Bindehautläsionen.

Wird bei einem Patienten/einer Patientin eine systemische Erkrankung mit RAS-ähnlichen Schleimhautmanifestationen festgestellt, wird die Diagnose einer rezidivierenden aphthösen Stomatitis ausgeschlossen. Zu diesen Krankheiten und Zuständen gehören die Trägerschaft von Herpesviren, humanen Papillomviren, Helicobacter pylori, L-Formen von Streptokokken, Crohn-Krankheit, unspezifische Colitis ulcerosa, Zöliakie, zyklische Neutropenie, Reiter-Syndrom, Sweet-Syndrom, Behçet-Krankheit, PFAPA-Syndrom (PFAPA steht für: periodisches Fieber, aphthöse Stomatitis, Pharyngitis, zervikale Adenitis), hämatologische Störungen, IgA-Mangel, Erkrankungen mit geschwächtem Immunsystem einschließlich HIV, MAGIC-Syndrom (Mund- und Genitalgeschwüre, Knorpelentzündung), Ulcus vulvae acutum vom Typ Lipschütz.

Tritt die RAS erst nach dem dritten Lebensjahrzehnt auf, sollte der Verdacht auf einen Zusammenhang mit systemischen Erkrankungen (Behçet-Syndrom, Immunstörungen oder hämatologische Erkrankungen) geäußert werden.

Die RAS-Diagnose wird auf der Grundlage des klinischen Bildes und des differentialdiagnostischen Ausschlusses anderer systemischer Erkrankungen gestellt. Wichtig für die Differentialdiagnose von RAS sind Blutbild, HIV- und Syphilis-Bluttests. Zum Ausschluss einer Herpesinfektion kann eine PCR-Diagnostik von Material aus Läsionsanteilen durchgeführt werden.

Da das histopathologische Bild unspezifisch ist, wird selten eine Biopsie durchgeführt. Es kommt zu einer Ulzeration des Epithels, 

dessen Oberfläche von eosinophilem Fibrinbelag bedeckt ist. Das Bindegewebe weist eine verstärkte Gefäßversorgung und ein gemischtes entzündliches Infiltrat auf, das aus mononukleären Zellen, hauptsächlich Lymphozyten und Histiozyten, besteht.

Therapie

Es gibt keine ätiotrope Behandlung für RAS, da die Ätiologie der Krankheit nicht vollständig geklärt ist. Es wird empfohlen, bei der Verordnung der Behandlung dem Grundsatz „vom Einfachen zum Komplexen“ zu folgen:

  1. Erkennung und Beseitigung von prädisponierenden Faktoren: Einschleifen scharfer Zahnkanten, Restaurationen oder Konstruktionen in der Mundhöhle, Ernährungsumstellung mit Verzicht auf Lebensmittel, die die Schleimhaut durch scharfe Kanten traumatisieren können, atraumatisches Zähneputzen, Verwendung von SLS-freien Zahnpasten, Konsum von Trinkwasser mit reduziertem Nitratgehalt, Überweisung der Betroffenen an einen/eine Facharzt/Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Beseitigung eines Eisen- oder Vitaminmangels, nachdem die Ursache dieses Mangels festgestellt wurde.
  2. Symptomatische Therapie: Verwendung von Gelen oder Sprays/Lösungen, die Anästhetika (Lidocain, Benzocain) oder NSAR (Benzydamin, Ketoprofen-Lysinsalz) enthalten.
  3. Entzündungshemmende Therapie mit topischen Glukokortikosteroiden, um die Dauer der Symptome zu verkürzen: Dexamethason, Betamethason, Clobetasol, Fluocinolonacetonid, Triamcinolon in Form von Gelen, Cremes oder Salben, Beclomethason-Spray für schwer zugängliche Stellen. Dabei ist zu beachten, dass eine Creme oder Salbe in der Mundhöhle keine lange Wirkung hat, so dass ein Adhäsivgel oder eine -paste darüber aufgetragen werden sollte. Die Behandlung mit Kortikosteroiden im Prodromalstadium kann eine Exazerbation verhindern. Große Aphthen sind therapieresistenter und erfordern oft hochpotentere Kortikosteroide.
  4. Bei isolierten Läsionen kann ein Glukokortikosteroid unter die Schleimhaut injiziert werden, um die lokale Reaktion zu verstärken.
  5. In resistenten Fällen können neben topischen Arzneimitteln auch systemische Kortikosteroide (Prednisolon, Betamethason) und Immunsuppressiva (Azathioprin, Colchicin, Dapson, Apremilast, Adalimumab, Etanercept, Infliximab, Golimumab) verschrieben werden.
  6. Laserchirurgie: Eine chirurgische Entfernung des Geschwürs (Laserablation) kann durchgeführt werden, allerdings wird diese Technik nur begrenzt eingesetzt, da sie nicht bei jedem Rezidiv wiederholt werden kann.

Chronisch-rezidivierende Stomatitis herpetica

Die chronisch-rezidivierende Stomatitis herpetica (Gingivostomatitis herpetica, Herpes-Gingivostomatitis, herpetische Gingivostomatitis, herpesvirale Gingivostomatitis, primäre herpetische Gingivostomatitis, Herpes-simplex-Gingivostomatitis, HSV-Gingivostomatitis, Mundfäule) ist eine Viruserkrankung der Mundschleimhaut, bei der es sich um ein Rezidiv einer vorangegangenen herpetischen Erstinfektion handelt, das auf die Reaktivierung eines latenten Virus bei einer zuvor infizierten Person zurückzuführen ist.

Ätiologie

Der Erreger der Krankheit ist das DNA-haltige Herpes-simplex-Virus (HSV) aus der Unterfamilie der α-Herpesviren. Es werden zwei Typen des humanen HSV unterschieden: HSV-1 und HSV-2.

Das Genom des Herpes-simplex-Virus ist in einem ikosaedrischen Kapsid verpackt. Von außen ist das Virion von einer Membran mit Glykoproteinspikes bedeckt, die von der inneren Schicht der Kernmembran der infizierten Zelle gebildet werden. Zwischen der Hülle und dem Kapsid befindet sich das Tegument, das virale Proteine für die Einleitung der Replikation enthält.

Das Virus ist instabil gegenüber Hitze, UV-Strahlung, Röntgenstrahlung, Ethylalkohol, organischen Lösungsmitteln, Detergenzien und proteolytischen Enzymen und überlebt lange Zeit bei niedrigen Temperaturen.

Das HPV-1 verbreitet sich vorwiegend durch infizierten Speichel oder aktive periorale Läsionen und passt sich am besten an die Regionen der Mundhöhle, des Gesichts und der Augen an. Am häufigsten sind der Rachen, die Mundschleimhaut, das Lippenrot, die Augen und die Haut oberhalb der Taille betroffen, und es kann sich eine Herpes-simplex-Enzephalitis entwickeln.

Das HPV-2 passt sich am besten an die Anogenitalregion an, wird vorwiegend sexuell übertragen und betrifft in der Regel die Genitalien und die Haut unterhalb der Taille. Ein kleiner Prozentsatz der intraoralen Läsionen kann durch HPV-2 bei oral-genitalem Kontakt verursacht werden.

Eine Vorinfektion mit HPV-1 verhindert eine Infektion mit HPV-2 nicht, verringert aber aufgrund der Kreuzreaktivität der Antikörper den Schweregrad der Erkrankung (latente, asymptomatische Form). Die von den Virustypen 1 und 2 verursachten Läsionen haben ein ähnliches klinisches Bild.

Das Eindringen von HSV in den Körper erfordert körperlichen Kontakt mit einer infizierten Person und eine direkte Inokulation des Virus auf die Schleimhaut oder verletzte Haut. Das Virus dringt nicht in intakte Haut ein.

Das HPV-1 wird durch die Bläschenflüssigkeit aktiver Läsionen, Speichel, kontaminierte Haushaltsgegenstände (Geschirr, Handtücher, Spielsachen, Kosmetikartikel, Bettwäsche) übertragen; auch eine Übertragung durch Geschlechtsverkehr und Transplantation ist möglich.

Bei Genitalherpes wird HPV-2 sexuell übertragen; die meisten Menschen infizieren sich zu Beginn ihrer sexuellen Aktivität.

Das Virus kann intranatal (wenn der Fötus den Geburtskanal passiert) oder transplazentar (bei Vorliegen einer Virämie bei der Mutter) übertragen werden. Außerdem kann bei einer infizierten Person eine Autoinokulation – eine mechanische Übertragung des Virus von einem Körperteil auf einen anderen (z. B. von der Mundhöhle auf die Genitalien) – auftreten.

Der Verlauf einer Herpes-simplex-Virus-Infektion umfasst eine Primärinfektion, eine latente und eine rezidivierende Infektion. Die Primärinfektion mit HSV kann asymptomatisch verlaufen. Das Virus dringt in Epithelzellen ein, vermehrt sich dort und übt eine zytolytische Wirkung aus.

Nach der akuten Infektion dringt das Virus in die Fortsätze empfindlicher Neuronen ein, wandert in regionale sensorische Ganglien, wo es vor zirkulierenden Antikörpern geschützt ist, und geht in das latente Stadium über. Das Virus persistiert am häufigsten in dem Ganglion trigeminale, Ganglion cervicale, Ganglion lumbosacrale, dem Ganglion geniculi des Gesichtsnervs (Nervus facialis), dem Vorhofganglion (Ganglion vestibulare) des Hörnervs (Nervus vestibulocochlearis), dem Ganglion nodosum des umherschweifenden Nervs (Nervus vagus), den Ganglien der dorsalen Wurzeln und im Gehirn.

Bei einem Rückfall der Herpesinfektion wird das Virus, das sich im Körper in einem latenten Zustand befindet, reaktiviert. Über efferente Nervenfasern erreicht das HSV den Ort des Primäreintritts (Haut oder Schleimhaut), wo es sich erneut ausbreitet. In den meisten Fällen tritt das erste Rezidiv der Stomatitis herpetica weniger als ein Jahr nach dem Ausbruch der akuten Infektion auf.

Ein hämatogener Infektionsweg über Erythrozyten und Lymphozyten ist ebenfalls möglich. Eine erneute Infektion aus einer exogenen Quelle wird bei seropositiven Personen als sehr selten angesehen.

Die Reaktivierung von HSV-1 aus dem Ganglion geniculi wird mit der Pathogenese der idiopathischen Gesichtsnervenlähmung oder der Bell-Lähmung in Verbindung gebracht. Nach einigen Angaben in der Literatur kann die HSV-Infektion ein Auslöser für die Entwicklung des Erythema exsudativum multiforme sein.

Virusneutralisierende Antikörper bleiben bei Patienten/Patientinnen lebenslang bestehen, können aber Rückfälle nicht verhindern.

Liegt bei seropositiven Personen ein Immundefekt vor, nehmen die Rezidivrate sowie die Tiefe und Ausdehnung der Läsionen zu. Die Läsionsherde breiten sich zunächst auf das umliegende Gewebe und dann auf entfernte Haut- und Schleimhautbereiche aus. Eine Ausbreitung der Infektion auf den gesamten Körper ist möglich.

Die Reaktivierung von HSV kann durch verschiedene Auslöser verursacht werden:

  • Stress, Überanstrengung;
  • Menstruation;
  • Schwangerschaft;
  • Hypothermie;
  • Akute virale Atemwegserkrankung, Anstieg der Körpertemperatur;
  • Längere Sonneneinstrahlung (UV-Strahlen-Exposition), Überhitzung des Körpers;
  • Vergiftung;
  • Avitaminose;
  • Allergien;
  • Verletzung der Mundschleimhaut;
  • Zahndurchbruch;
  • Zahnärztliche Eingriffe (Zahnextraktion und -restauration, lokale Anästhesie), chirurgische Eingriffe;
  • Exazerbation von chronischen Erkrankungen;
  • Einnahme von Immunsuppressiva (Kortikosteroide, Zytostatika), Strahlentherapie, Chemotherapie;
  • Niedriger IgA-Serumspiegel, verminderte zellvermittelte Immunität;
  • Bösartige Neubildungen.

Anatomie und Symptome

Rezidive können mit unterschiedlicher Häufigkeit auftreten, von einmal im Jahr bis mehrmals im Monat oder sogar noch häufiger. Die Rückfallwahrscheinlichkeit nimmt mit dem Alter ab. Da der Körper bei einem Rückfall der Krankheit Antikörper gegen das Virus aufweist, sind das Vergiftungssyndrom, das Fieber und die regionale Lymphadenopathie weniger stark ausgeprägt als bei der Primärinfektion oder sogar nicht vorhanden.

Die Sekundärinfektion kann sich als asymptomatische (subklinische) Virusisolation, Prodromalsymptome ohne Läsionsentwicklung (falsches Prodromalstadium) oder als manifeste Form äußern, die durch das Vorliegen von Läsionen mit oder ohne vorausgehende Prodromalsymptome gekennzeichnet ist.

Ein Rezidiv kann sowohl an der Stelle der Primärinokulation als auch in benachbarten Epithelbereichen auftreten, die von dem betroffenen Ganglion innerviert werden.

Zu den Prodromalsymptomen gehören Kribbeln, Parästhesien, Brennen, Pulsation, Juckreiz, Taubheitsgefühl, Schmerzen oder Spannung, lokaler Anstieg der Körpertemperatur, Erythem an der Stelle der späteren Läsion und 6–24 Stunden vor dem Auftreten von Ausschlag.

Bei immunkompetenten Personen befällt die chronisch-rezidivierende Stomatitis herpetica fast immer die mit dem Knochen verbundene verhornte Schleimhaut (befestigtes Zahnfleisch, harter Gaumen), was ein wichtiges Differentialmerkmal ist. Die Läsionen beginnen mit der Bildung kleiner schmerzhafter Bläschen auf der Schleimhaut, die 1 bis 3 mm groß und mit klarer Flüssigkeit gefüllt sind. Die Bläschen sind in kleinen Gruppen angeordnet und haben einen hyperämischen Hintergrund. Nach etwa 24 Stunden werden die Bläschen trübe und zerfallen mit der Bildung von kleinen rundlichen Erosionen oder Geschwüren, die mit einem gelblichen Fibrinbelag bedeckt sind und einen grellen erythematösen Saum aufweisen. Diese Erosionen können miteinander verschmelzen und unregelmäßig geformte oberflächliche Läsionen mit separaten kleinen Erosionen um sie herum bilden. Charakteristisch sind Schmerzen in den betroffenen Bereichen. Die Schmerzen sind in den ersten 8 Stunden am stärksten und klingen normalerweise innerhalb von 4–5 Tagen ab. Die Abheilung erfolgt spontan innerhalb von 7–10 Tagen ohne Narbenbildung. In einigen Fällen kann die Krankheit mit rezidivierendem Lippenherpes einhergehen. Zum Zeitpunkt der Bläschenruptur und 48–72 Stunden danach sind die Patienten/Patientinnen am ansteckendsten.

Bei immungeschwächten Patienten/Patientinnen können Läsionen sowohl auf verhornter als auch auf unverhornter Schleimhaut auftreten, und es können der Zungenrücken, die Wangenschleimhaut oder ein anderer Abschnitt der Mundhöhle betroffen sein. Die Läsionen sind in solchen Fällen oft atypisch und können chronisch, destruktiv und ausgedehnt sein (bis zu mehreren Zentimetern im Durchmesser). An den Rändern des Hauptgeschwürs können sich kleine Bläschen oder Satellitengeschwüre bilden. Es kommt zu einem ausgeprägten Schmerzsymptom, und die Geschwüre sind anfällig für bakterielle und pilzbedingte Sekundärinfektionen.

Diagnostik

  • Anamnese der Erkrankung: eventuelle Rezidive von Läsionen in der Vergangenheit, körperlicher Kontakt mit Patienten/Patientinnen mit primärem oder rezidivierendem Herpes;
  • Klinisches Bild: Prodromalsymptome, Bläschen und Erosionen auf der befestigten verhornten Schleimhaut;
  • Der Antikörpernachweis mittels eines enzymgekoppelten Immunadsorptionstests (ELISA) ist bei rezidivierenden Infektionen nicht aussagekräftig, da die Infektion bereits im Körper vorhanden ist;
  • Besteht der Verdacht auf einen Immundefekt, sollte der Immunstatus untersucht und bewertet werden.

Die Labormethoden zur Diagnose eines Rezidivs der Herpesinfektion zielen auf den Nachweis von Viruspartikeln im Inhalt der Bläschen oder im betroffenen Epithel ab:

  • Immunfluoreszenztest (IF bzw. IFT), Immunhistochemie;
  • In-situ-Hybridisierung;
  • Polymerase-Kettenreaktion (PCR);
  • Zytomorphologische Methode (Lichtmikroskopie von Bläscheninhalt oder Schleimhautzellabstrich): Der Abstrich zeigt Riesenzellen, Chromatinfragmentierung, marginale 

Anordnung von Chromatinklumpen im Zellkern, feinklumpiger Zellzerfall, zentrale Kernaufhellung mit großen basophilen oder eosinophilen Einschlüssen.

Therapie

Die Behandlung der chronisch-rezidivierenden Stomatitis herpetica hängt von der Form und dem Schweregrad der Erkrankung sowie von der Lokalisation der Läsionen ab. Die mit einem intraoralen sekundären Herpes verbundenen Schmerzen sind in der Regel nicht stark, und viele Patienten/Patientinnen benötigen keine Behandlung. Man sollte den Patienten/die Patientin motivieren, den Kontakt mit aktiven Läsionsherden zu minimieren, um eine Autoinokulation oder die Übertragung der Infektion auf andere Personen zu verhindern. Derzeit gibt es keinen wirksamen Impfstoff gegen HSV.

  • Rationelle Ernährung: ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Nahrung von halbflüssiger oder flüssiger Konsistenz, die die schmerzhafte Schleimhaut nicht reizt.
  • Symptomatische Therapie: fiebersenkende Arzneimittel, nicht steroidale Antiphlogistika, Gele oder Lutschtabletten mit Lokalanästhetikum zur Betäubung der Schleimhaut.
  • Erholsamer Schlaf zur Erhaltung der normalen Funktion des Immunsystems. Bei Schlafstörungen oder Anzeichen von Angstzuständen sollte eine Überweisung an einen Facharzt/ eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie erfolgen.
  • Eine topische Behandlung mit Virostatika (Aciclovir-Creme 5 %, Aciclovir-Suspension zum Gurgeln) beschleunigt das Abklingen der Läsionen. Darüber hinaus ist der Einsatz von topischem Docosanol wirksam.
  • Topische Antiseptika: Mundhöhlenspülung mit Chlorhexidinbigluconat-Lösung.
  • Eine systemische antivirale Therapie (Aciclovir, Valaciclovir, Famciclovir) bei Rückfällen ist wirksam, wenn sie spätestens 48–72 Stunden nach Auftreten der Symptome erfolgt. Valaciclovir und Famciclovir haben eine bessere Bioverfügbarkeit und ein einfacheres Dosierungsschema. Die Behandlung verhindert keine Rückfälle, wirkt sich aber günstig auf den Verlauf und den Schweregrad der Erkrankung aus. Eine langfristige antivirale Therapie kann bei Patienten/Patientinnen mit mehr als sechs Rückfällen pro Jahr, HSV-induziertem Erythema multiforme oder Immunschwäche erforderlich sein.
  • Es ist zu beachten, dass inzwischen aciclovir-resistente HSV-Stämme aufgetaucht sind, vor allem bei immungeschwächten Patienten/Patientinnen, die eine Langzeitbehandlung erhalten. Wenn Läsionen nicht innerhalb von 5–10 Tagen auf die Therapie ansprechen, handelt es sich wahrscheinlich um eine virale Resistenz. Die antivirale Therapie sollte in diesem Fall mit einer höheren Dosis wiederholt werden. Sollte die Therapie unwirksam sein, ist die intravenöse Gabe von Ganciclovir, Foscarnet oder Cidofovir eine Alternative.
  • Jegliche identifizierten Auslöser sollten vermieden werden. Bei manchen Patienten/Patientinnen kann die zahnärztliche Behandlung eine Reaktivierung des Virus hervorrufen. Zur Vorbeugung eines Rezidivs bei solchen Patienten/Patientinnen wird eine kurzfristige prophylaktische Einnahme von Virostatika (Valaciclovir) empfohlen.
  • Bei aktiven Läsionen in der Mundhöhle oder an den Lippen sollte die zahnärztliche Behandlung verschoben werden, bis die Erosionen vollständig abgeheilt sind. Ist eine zahnärztliche Notfallbehandlung erforderlich, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, werden die Verwendung von Kofferdam und persönlicher Schutzausrüstung, die Minimierung der Aerosolbildung und der Verzicht auf das Auftragen von Vaselineprodukten auf aktive feuchte Läsionen empfohlen.