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Arterienaneurysmen

Inhaltsverzeichnis
Ätiologie und Pathogenese Klassifikation Symptome Diagnostik Therapie

Als Aneurysma bezeichnet man eine Aussackung einer ausgedünnten Arterienwand mit einer Vergrößerung des Durchmessers um mehr als 50 % des Normalwerts.

Ätiologie und Pathogenese

Die Entstehung von arteriellen Aneurysmen hat oft eine multifaktorielle Ätiologie. Nachfolgend sind die Hauptfaktoren aufgeführt.

1. Atherosklerose (atherosklerotische Läsion).

Nach gängiger Meinung stört die Atherosklerose die Ernährung der Arterienwand, was zu ihrer Hypoxie, einer Beeinträchtigung der Struktur und der elastischen Funktion führt. Dies kann wiederum eine Arterienerweiterung zur Folge haben.

2. Entzündliche und Autoimmunerkrankungen (Takayasu-Arteriitis, Riesenzellarteriitis, Behçet-Krankheit, rheumatoide Arthritis usw.).

Die Entstehungsmechanismen dieser Aneurysmen sind oft nicht vollständig geklärt. Bei der Takayasu-Arteriitis kommt es als Folge der Immunantwort des Körpers auf einen „Reiz“ zu einer Infiltration der Adventitia und Media der Arterienwand durch T-Zellen. Es werden zahlreiche Zytokine und Wachstumsfaktoren produziert. Es kommt zu einer Entzündung der Arterienwand. Entzündliche Makrophagen produzieren Matrix-Metalloproteinasen, die zur Störung der Endothelbarriere beitragen. Dadurch kann sich in der Arterie ein Aneurysma/eine Stenose/ein Verschluss entwickeln.

3. Trauma (darunter auch iatrogenes Trauma).

Dazu gehören Schuss- und Splitterverletzungen, Verkehrsunfälle und sonstige Arten von Traumata. Weitere Ursachen für arterielle Verletzungen sind Komplikationen nach Arterienpunktionen (Pseudoaneurysmen kommen häufiger vor), Komplikationen nach chirurgischen Eingriffen an Gefäßen (Entstehung von Aneurysmen im Bereich von Anastomosen/plastischer Chirurgie der Arterien, dissezierende Aneurysmen (Aneurysma dissecans)).

4. Gendefekte (Marfan-Syndrom, Loeys-Dietz-Syndrom, vaskulärer Typ des Ehlers-Danlos-Syndroms, Beals-Syndrom, familiäres Aortenaneurysma usw.).

Genetische Mutationen in verschiedenen Genen führen zu einer Störung der Bindegewebsstruktur und der elastischen Funktion der Arterienwand, was zu deren Erweiterung führen kann. So führt beispielsweise beim Marfan-Syndrom eine Mutation im FBN1-Gen, das für das Fibrillin-1-Protein kodiert, beim Loeys-Dietz-Syndrom eine Mutation in den TGFBR1- oder TGFBR2-Genen und beim Ehlers-Danlos-Syndrom eine Mutation im COL3A1-Gen zu einem Kollagen-III-Mangel.

5. Infektionen und systemische Erkrankungen (Syphilis, Tuberkulose, Pilzinfektionen).

Bei der syphilitischen Aortitis entzündet sich zunächst die Adventitia mit Mitbeteiligung der Vasa vasorum, was zu einer Hyperplasie ihrer Wand führt. Es kommt auch zu einer ischämischen Schädigung der glatten Muskelzellen der inneren Schichten der Arterie, die zu einer aneurysmatischen Erweiterung führen kann.

Bei Aneurysmen treten häufig Komplikationen durch Ruptur und/oder Dissektion mit möglichen Blutungen und Thromboembolien auf.

Ein Aneurysma dissecans entsteht durch verschiedene Ursachen oder deren Kombination (Trauma, Atherosklerose, erhöhter Blutdruck, iatrogene Faktoren usw.). Als Folge davon tritt der Blutfluss in den Raum zwischen Intima und Media der Arterie ein, und es bilden sich ein wahres und ein falsches Gefäßlumen. Die Dissektion kann lokal begrenzt sein oder sich über den ganzen Verlauf des Gefäßes erstrecken und seine Äste betreffen. Die Mitbeteiligung von Gefäßen, die Organe versorgen, kann zu einer Malperfusion führen. Das bedeutet, dass die Durchblutung vermindert oder völlig unterbrochen wird, wodurch ischämische Schäden entstehen.

Arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, Rauchen und Diabetes mellitus sind Risikofaktoren für die Entstehung von arteriellen Aneurysmen.

Klassifikation

Nach anatomischer Lokalisation (Äste des Aortenbogens (Arcus aortae), Arterien der oberen Extremitäten, Darmbeinarterie (Arteria iliaca), Arterien der unteren Extremitäten, viszerale Äste der Bauchaorta (Aorta abdominalis)).

Nach Form: 

  • Sackförmiges Aneurysma (Aussackung einer Wand);
  • Spindelförmiges Aneurysma (diffuse Aussackung über den gesamten Umfang der Gefäßwand).

Nach Typ:

  • Aneurysma verum (Aussackung der Arterienwand mit Beteiligung aller drei Schichten);
  • Aneurysma spurium, auch Aneurysma falsum oder Pseudoaneurysma genannt (ein Raum neben der Arterie, der mit dem Gefäßlumen in Verbindung steht, aber nur durch die Tunica adventitia der Arterie und/oder das umgebende Gewebe begrenzt ist);
  • Aneurysma dissecans (Trennung der Schichten der Arterienwand, in der Regel als Folge einer Schädigung einer der Schichten).

Symptome

In den meisten Fällen haben Aneurysmen einen asymptomatischen Verlauf. Es können Symptome aufgrund einer Kompression der umliegenden Strukturen auftreten. Akute Symptome können bei Thrombose oder Ruptur eines Aneurysmas entstehen.

Bei oberflächlichen Lokalisationen wird eine pulsierende, manchmal schmerzhafte Struktur in der Projektion des Aneurysmas ertastet.

Die Aneurysmen der Aortenbogenäste können Folgendes verursachen: ischämische Schlaganfälle aufgrund thromboembolischer Komplikationen; transitorische ischämische Attacken; Kompressionsschäden an umliegenden Organen und Geweben. Es können z. B. die Drosselvene (Vena jugularis), der umherschweifende Nerv (Nervus vagus) und der rückläufige Kehlkopfnerv (Nervus laryngeus recurrens) betroffen sein, was sich durch Schluck-, Sprachstörungen, Kopfschmerzen, Heiserkeit usw. äußert.

In seltenen Fällen kommt es zur Entwicklung thromboembolischer Komplikationen oder zur Ruptur von arteriellen Aneurysmen der oberen und unteren Extremitäten, wobei Pulslosigkeit distal der Läsionsstelle, Parästhesien und ischämische Schäden festgestellt werden.

Bei Aneurysmen der Iliakalarterien manifestieren sich Symptome häufiger erst als Folge von Komplikationen. Eine Aneurysmaruptur endet oft schon vor der Einlieferung ins Krankenhaus tödlich, begleitet von Schmerzen im Bauch- und Rückenbereich, Anzeichen von akutem Blutverlust und Schock. Eine Thromboembolie äußert sich in der Regel durch plötzliche Schmerzen, Schwellung der Extremität, Pulslosigkeit distal der Läsionsstelle, Zyanose oder Blässe. Möglich sind auch Symptome, die durch eine Kompression der Urogenital- und Magen-Darm-Organe hervorgerufen werden.

Aneurysmen der Viszeralarterien manifestieren sich klinisch meist durch Aneurysmaruptur oder Fistelbildung. Die Ruptur ist ein lebensbedrohlicher Zustand. Bei Fisteln können Blutungen rezidivierend sein. Thromboembolische Komplikationen führen zu ischämischen Schäden an Organen, die von der betroffenen Arterie versorgt werden. Wenn die Nierenarterie (Arteria renalis) betroffen ist, sind Hämaturie, resistenter Bluthochdruck und Kreuzschmerzen möglich. Aneurysmen hepatischer Arterien können eine Kompression der Gallenwege mit Gelbsucht verursachen.

Diagnostik

Mit Sonographie lassen sich die Eigenschaften des Gefäßblutflusses, die Form und Größe des Aneurysmas und das Vorliegen von Thrombenmassen beurteilen.

CT-Angiographie, MRT, Arteriographie: Diese Verfahren ermöglichen die Visualisierung des Aneurysmas und damit die Bestimmung der genauen Form, der Ausdehnung und des Grades der Mitbeteiligung des Gefäßbettes, die Bewertung der Struktur der Arterienwand, des Vorliegens von Thromben, die Bewertung des falschen und des echten Lumens bei Aneurysma dissecans.

Therapie

Zu den Behandlungsmethoden gehören die strenge Kontrolle des Blutdrucks und der Einsatz blutdrucksenkender Arzneimittel (Antihypertensiva). Es wird auch die Antiaggregations- und hypolipidämische Therapie eingesetzt.

Wichtig ist die Kontrolle der Risikofaktoren: Rauchstopp, Gewichtsabnahme, Blutzucker- und Blutfettspiegelkontrolle.

Endovaskuläre Methoden: Stentgraft-Implantation (häufiger bei arteriellem Aneurysma dissecans, Aneurysmen mit partieller chronischer Thrombose des Lumens). Ein individueller Ansatz ist jedoch wichtig, da der normale Durchmesser des Gefäßes proximal und distal der Läsion für die Fixierung des Stents erforderlich ist. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Aneurysmahöhle über Seitenäste wiederaufgefüllt wird, was das Risiko einer Stentgraft-Thrombose und thromboembolischer Komplikationen erhöht.

Die chirurgische Behandlung besteht in den meisten Fällen darin, das Aneurysma zu entfernen und eine Prothese (Ersatz) für den betroffenen Bereich einzusetzen. Arterienligaturen und Bypass-Operationen (sowohl synthetische Materialien als auch körpereigene Venentransplantate können verwendet werden) sind ebenfalls möglich. Bei kleinen sackförmigen Aneurysmen und Pseudoaneurysmen ist eine Exzision des betroffenen Bereichs mit anschließendem Nähen der Arterie oder eine plastische Chirurgie der Arterienwand mit synthetischem oder körpereigenem Venenmaterial möglich.

Bei der Behandlung von Pseudoaneurysmen (insbesondere nach der Punktion) ist manchmal eine ultraschallgesteuerte Thrombininjektion in die Aneurysmahöhle wirksam. Sie ist besonders wirkungsvoll, wenn es sich um einen engen Verbindungsbereich der Aneurysmahöhle mit dem Lumen der Arterie handelt. In der Regel wird sie durch das Anlegen eines Druckverbands ergänzt.