Fremdkörper in der Nase und den Nasennebenhöhlen
Bei Fremdkörpern in der Nase und den Nasennebenhöhlen geht es um pathologischen Inhalt der Nasenhaupt- und -nebenhöhlen, die von außen hinein gelangen und zur Entwicklung chronischer Infektionen beitragen.
Klassifikation
Fremdkörper in der Nase:
- lebendige Fremdkörper;
- nichtlebendige Fremdkörper;
- Rhinolithe.
Fremdkörper in den Nasennebenhöhlen:
- Füllungsmaterial;
- Helminthen;
- Zähne;
- Myzetom.
Ätiologie
Lebendige Fremdkörper in der Nasenhaupthöhle treten häufiger bei Bewohnern der Tropen auf. Es wurden aber auch Einzelfälle bei Bewohnern der mittleren Regionen Russlands beschrieben. Unter den lebendigen Fremdkörpern kommen Larven, Egel, Helminthen und Gliederfüßer vor. Fliegen und Bremsen legen ihre Eier in die Nasenhaupthöhle, Gliederfüßer kriechen beim Schlafen im Freien hinein, und Egel gelangen in die Nase beim Baden in Naturgewässern.
Nichtlebendige Fremdkörper kommen häufig bei Erwachsenen mit einer psychischen Störung oder bei Kindern vor, die in spielerischer Absicht oder bei Umweltforschung Gegenstände in die Nase stecken. Manchmal aber gelangen Fremdkörper bei Erbrechen (Nahrungsreste) und Gesichtstraumata. Oder es sind belassene Fremdkörper nach einem operativen Eingriff (meist Verbandmaterial). Man unterscheidet organische (Samen, Fruchtkerne, kleine Nahrungsstücken), anorganische (Glasperlen, Teile von Schreibutensilien, Knetmasse, Knöpfe, Zähne, Steine, Spielzeugteile) und metallische (Münzen, Batterien, Schrauben, Nagel, Haarspangen) Fremdkörper.
Rhinolithe, anders gesagt Nasensteine, bilden sich durch die Salzabscheidung unterschiedlicher Mikroelemente auf einen Fremdkörper oder durch Ablagerung dieser Salze in schlecht belüfteten Bereichen der Nasenhöhle, in denen sich viel Schleim anhäuft (Nasenhöhlenboden, unterer Nasengang).
Fremdkörper der Nasennebenhöhlen gelangen aus der Nasenhaupthöhle oder aus der Mundhöhle beim Bestehen einer nicht-physiologischen Verbindung (Mund-Antrum-Verbindung, kurz MAV). Am häufigsten sind die Kieferhöhlen betroffen. Teile von Füllungsmaterial oder Myzetom (Fruchtkörper) in den Nasenhöhlen zeugen von erfolgten zahnärztlichen Manipulationen, bei denen die Oberkieferintegrität gestört wurde und eine Verbindung zur Kieferhöhle entstanden ist. Zähne in Kieferhöhlen kommen sehr selten vor und entstehen evtl. durch eine Embryogenesestörung (der Zahn entwickelt sich in der Nasenhöhle statt Oberkiefer), Verlagerung von einem ganzen Zahn oder Teilen davon bei einer Verletzung oder bei operativem Eingriff.
Helminthen (parasitäre Würmer), die ihre Entwicklungsschritte im menschlichen Körper durchlaufen, können in die Nasenhaupt- und -nebenhöhlen migrieren. Am häufigsten sind es die Wohlfahrtia magnifica, die ihre Eier in die Nasenhaupt- und -nebenhöhlen ablegen und Nasenmyiasis hervorrufen. Seltener kommen Nematoden (Thelazia californiensis) und Fischbandwurm (Diphyllobothrium latum) vor.
Anatomie
Fremdkörper in der Nasenhöhle verursachen lokale Entzündungsreaktion in Form von Schleimhautinfiltration und -hyperämie mit reichlich serös-schleimigem Exsudat. Sobald ein Fremdkörper zeitnah (innerhalb von 2 bis 3 Tagen) nicht entfernt wird, wird das Sekret eitrig. Es entwickelt sich Schleimhautdekubitus. Der Prozess wird chronisch und erstreckt sich auf Nebenstrukturen. Es können chronische Rhinitis, Rhinosinusitis, Nasenseptumperforation hinzukommen. Eine besondere Gefahr stellen kleine Lithium-Knopfzellen dar, die bereits nach einigen Stunden starke elektrochemische Verbrennungen mit Ulzeration und Perforation in der Nasenhöhle verursachen.
Lebendige Fremdkörper, die einige ihrer Entwicklungsphasen in der Nasenhöhle durchlaufen, können in die Weichteile der Nase eindringen und Entzündungsprozesse herbeiführen.
Wenn nichtlebendige Fremdkörper über lange Zeiträume hinweg in der Nase bleiben, können bei manchen Patienten Rhinolithe entstehen. Es geht um die Abscheidung von Mineralsalzen am Fremdkörper (Kern). Jedoch ist das Vorhandensein eines Fremdkörpers keine obligate Voraussetzung für die Herausbildung von Nasensteinen. Die Ätiologie und der Auslösemechanismus sind zur Zeit noch nicht geklärt. Oft kommen mehrere Faktoren hinzu: eine nicht-physiologische Verengung der Nasenhöhle mit gestörter Belüftung (Nasenseptumdeviation, Sporne, hypertrophe Nasenmuscheln), in denen sich ständig Schleim anhäuft, sowie Bestehen eines Herds chronischer Infektionen. Dies alles fördert die Ablagerung von Mineralsalzen mit Steinbildung, die unterschiedlich groß sein können - von kaum sichtbaren bis zu riesigen Formationen, die mehrere Nasengänge obturieren und ggf. eine Zerstörung der Knochenstrukturen herbeiführen. Manche Steine füllen die gesamte Nasenhöhle und ähneln ihrem Abdruck.
Fremdkörper in den Nasennebenhöhlen zeichnen sich durch lokale Entzündungsreaktion aus und gehen mit Ödem und Hyperämie der Schleimhaut, reichlich schleimigem oder schleimig-eitrigem Exsudat sowie Störung der mukoziliären Clearance in der befallenen Nebenhöhle einher. Wenn Fremdkörper aus der Mundhöhle (Zähne oder ihre Teile, Füllungsmaterial) in die Nasenhöhlen gelangen, zeugt dies von fehlender Integrität der unteren Knochenwand und Bestehen einer Mund-Antrum-Verbindung. In manchen Fällen geht es um eine Fistel mit eitrigem Sekret, und die Fremdkörper selbst sinken auf den Boden der Nebenhöhle ab. Es wurden Fälle beschrieben, bei denen kleinere Gegenstände durch Zilienbewegung und Schleim aus den Nebenhöhlen über natürliche Öffnungen abtransportiert wurden. Myzetom der Nasennebenhöhlen bildet sich, wenn Füllungsmaterial, Teile von Verbandmaterialien oder zahnärztlichen Instrumenten in die Sinus gelangen. Im Durchschnitt entwickelt sich der Prozess 5 bis 7 Jahre lang. Im Laufe der Zeit bedecken Aspergilluskolonien (Aspergillus fumigatus, A. flavus, A. niger) den pathologischen Inhalt. Es bildet sich ein inhomogenes knetartiges Konglomerat dunkler Farbe mit festen Verkalkungen in der Mitte. Der Fruchtkörper weiten sich aus und füllt das Lumen der Nebenhöhle. Dadurch kommt es zur Störung der mukoziliären Clearance. Der Schleim häuft sich an und sekundäre bakterielle Infektion kommt hinzu mit der Klinik einer eitrigen bakteriellen Sinusitis.
Helminthen und nasale Myasen durchlaufen einige ihrer Entwicklungsphasen (ca 3 bis 5. Tage) in den Nasennebenhöhlen und führen eine Entzündung und tiefe Gewebsaffektionen herbei. Durch ihre Lebenstätigkeit zerstören sie die Wände der Nasennebenhöhle, die diese von der Nasenhaupthöhle trennen und bilden somit nicht-physiologische Verbindungen zur Mundhöhle. Dies kann ernste Blutungen herbeiführen.
Klinik
Alle Fremdkörper in der Nase lösen erschwerte Nasenatmung, Niesen und reichlich schleimiges Exsudat aus einer der Nasenhälften aus. Manchmal beschweren sich Patienten über Schmerzen und unangenehmes Gefühl in der Nase sowie Bluten. Dies ist besonders der Fall bei lebendigen Fremdkörpern und Lithium-Knopfzellen. Rhinolithe können sich lange in der Nasenhöhle ohne jegliche Klinik aufhalten und werden bei einer routinemäßigen Untersuchung des HNO-Arztes oder bei operativen Eingriffen diagnostiziert. Beschwerden, die auf Nasensteine aufweisen könnten, sind anhaltende Schmerzen, reichlich Nasensekret und erschwerte Nasenatmung, die nur auf einer Seite auftreten. Hinzu kommen auch ein Fremdkörper in dieser Nasenhälfte in der Anamnese sowie häufige rezidivierende einseitige Rhinosinusitis.
Fremdkörper in den Nasennebenhöhlen können lange asymptom verlaufen und zeigen sich häufig nach einer längeren Zeit in Form einer chronischen Sinusitis. Patienten beschweren sich über Kopfschmerzen und Druckgefühl in der betroffenen Nasennebenhöhle, Nasenverstopfung sowie schleimig-eitriges Sekret. Bei der Affektion der Kieferhöhle können Schmerzen in die Oberkiefer ausstrahlen. Wenn die Keilbeinhöhle betroffen ist, beschweren sich Patienten über Nackenschmerzen. Eine nicht-physiologische Verbindung mit der Mundhöhle kann sich durch eitriges Sekret mit einem Mundgeruch andeuten. Beim Bestehen eines Immundefekts oder chronischer Erkrankungen des endokrinen Systems (Diabetes mellitus) können sich Fremdkörper erst durch paraorbitale oder intrazerebrale Komplikationen manifestieren, was ein äußerst ungünstiges Merkmal darstellt. In einigen Fällen werden Fremdkörper in den Nasennebenhöhlen zufällig bei Gesichtsschädel-CT/MRT bzw. bei endoskopischen Eingriffen zur Verbesserung der Nasenatmung festgestellt. Lange bestehendes nicht diagnostiziertes Myzetom und als Folge fehlende Therapie können eine Sensibilisierung des Körpers gegen Schimmelpilze mit anschließendem Bronchialasthma und allergischer bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) herbeiführen.
Erste Tage machen sich Helminthen in der Nasenhaupt- und -nebenhöhlen durch unangenehmes Gefühl und Kitzeln in der Nase, Niesen, Nasenverstopfung und Rhinorrhoe bemerkbar. Bei Gewebezerstörung kommen ausgeprägte Schmerzen an der betroffenen Stelle und Kopfschmerzen hinzu. Rhinorrhoe nimmt zu mit eitrigem bzw. eitrig-hämorrhagischem fötidem Sekret. Allgemeinsymptome beinhalten febrile Körpertemperaturen, Schwäche und Kältegefühl. Bei ungünstigeren Verläufen kann profuses Nasenbluten auftreten.
Diagnostik
Fremdkörper in der Nasenhöhle werden anhand der Anamnese und einem rhinoskopischen Befund diagnostiziert. Bei erschwerter Diagnosestellung sind nasale Fibroskopie, Röntgenuntersuchung der Nasennebenhöhlen oder der Seitenansicht des Nasopharynx (bei röntgendichten Fremdkörpern) sowie ggf. Gesichtsschädel-CT angezeigt.
Fremdkörper in den Nasennebenhöhlen werden mit bildgebenden Verfahren wie CT und MRT diagnostiziert. Anschließend erfolgen Endoskopie der Nase und Nasennebenhöhlen, die in diesem Fall diagnostische und therapeutische Zwecke hat.
Therapie
Die Therapie beinhaltet die Entfernung des Fremdkörpers mit Haken, Pinzette, Klemme oder Nasensauger. Davor erfolgt Anämisierung und ggf. lokale Betäubung der Nasenhöhle. In manchen Fällen (unruhige Patienten bzw. Kinder) erfolgt der Eingriff unter intravenöser Sedation oder Allgemeinanästhesie. Bei Fremdkörpern in tieferen Bereichen einer Nasenhöhle kann deren Entfernung endoskopisch erfolgen. Häufig werden Rhinolithe bei einem operativen Eingriff wegen erschwerter Nasenatmung (Septumplastik, Nasenmuschelverkleinerung (Conchotomie)) gefunden und entfernt. Dabei werden die Nasensteine zerkleinert und die einzelnen Teile herausgezogen.
Fremdkörper in den Nasennebenhöhlen werden bei einem operativen Eingriff in Vollnarkose mit einem endoskopischen Werkzeug entfernt. Die Nasennebenhöhlen werden saniert, ihre Belüftung und die Nasenatmung wiederhergestellt. Bei einer Mund-Antrum-Verbindung bzw. Fistel erfolgt deren Plastik durch Fachärzte für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie.
Parasiten werden aus der Nase und den Nasennebenhöhlen mechanisch unter antibiotischer Abdeckung entfernt.
Nach der Entfernung eines Fremdkörper ist die Nase mit Kochsalzlösung zu spülen. Lokal verwendet man Dekongestiva sowie antiseptische und antibakterielle Mittel.










