Erkrankungen des Nasopharynx
Hypertrophie der Rachenmandel (ugs. „Polypen“) stellt eine nicht-physiologische Wucherung der Tonsilla pharyngea dar, die meist im Kindesalter auftritt.
Unter Hypertrophie der Tubenwulst (Torus tubarius) versteht man eine krankhafte Wucherung des lymphatischen Gewebes von Tubenmandeln, die im Bereich der Einmündung der Ohrtrompete (Tubenwulst) liegen.
Adenoiditis ist eine Entzündung der Rachenmandel.
Klassifikation
- Hypertrophie der Rachenmandel
- Hyperthrophie 1. Grades
- Hyperthrophie 2. Grades
- Hyperthrophie 3. Grades
- Hypertrophie der Tubenwulst
- Entzündung der Rachenmandel
- akute Adenoiditis
- chronische Adenoiditis
Ätiologie
Die Rachenmandel (Adenoide, adenoide Vegetationen) vergrößert sich meist im Alter von 3 Jahren und kommt bei Kindern vor der Pubertät vor. Bis zu 20 Jahren bildet sie sich meist zurück und ist als eine kleine Formation erkennbar. Dieses Krankheitsbild ist ziemlich häufig – ca. 35,0 Fälle pro 1000 Kinder und beträgt über 50 % aller Kinder, die eine HNO-Fachkraft aufsuchen. Manchmal finden sie sich bei noch kleineren Kindern und bleiben auch im Erwachsenenalter bestehen. Die Tubenmandel vergrößert sich auch bei Schulkindern, jedoch eher selten. Die Ursachen für diese Zustände sind ähnlich, da die Tonsilla pharyngealis und die Tubenmandeln ein lymphatisches Gewebe darstellen und im Nasopharynx liegen. Am verbreitesten ist der Infektionsfaktor, bei dem Bakterien, Viren und Pilze eine Antigenreizung auslösen, wobei das lymphatische Gewebe noch unreif ist und ungenügend Antigene produziert. Dadurch kommt es zur kompensatorischen Hypertrophie. Anschließend, nachdem sich das Immunsystem genug entwickelt hat, bildet sich das Gewebe zurück. Adenoide Vegetationen und Vergrößerung der Tubenmandeln wird u.a. durch Haushalts- und Nahrungsmittelallergene sowie GERD (gastroösophageale Refluxkrankheit) verursacht, wobei das Nasopharynxgewebe durch Salzsäurendämpfe gereizt werden. Studien zufolge beeinflusst auch das Rauchen der Eltern sowie genetische Prädisposition die Größe der Rachenmandel.
Bei der Entwicklung der Adenoiditis spielen Viren und Bakterien die Hauptrolle. Am häufigsten sind es RS-Viren, Adenoviren, Influenza- und Parainfluenzaviren, Herpesviren, einschl. Epstein-Barr-Virus, Streptokokken (St. pneumoniae, St. pyogenes), Staphylokokken (S. aureus, S. epidermidis), Pseudomonas aeruginosa, Moraxella catarrhalis, sowie Aktivierung opportunistischer Mikroflora des Nasopharynx. Zusatzerkrankungen wie rezidivierende und chronische Erkrankungen der oberen Atemwege (Rhinitis, Sinusitis, Bronchitis), Refluxkrankheit u. Allergien können die Krankheit fördern und ihren Verlauf gravierender machen. Hormonelle und Immunstörungen (Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen, HIV-Infektion) haben auch einen negativen Einfluss auf die Krankheitsentwicklung. Fehlende Brusternährung in der Anamnese des Kindes sowie Vitamin-D-Mangel beeinträchtigen und verlängern u.a. den Verlauf der Adenoiditis. Die Umweltbedingungen sind auch nicht zu vergessen: trockene Luft, unpassende Temperaturverhältnisse, vermüllte Wohnräume, gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen wirken sich negativ auf den Zustand der oberen Atemwege aus und beeinträchtigen die Symptomatik.
Anatomie
Adenoide sind im Rachendach (Epypharynx) lokalisiert und werden abhängig von deren Größe und Verlegung des Nasopharynxlymens wie folgt unterteilt:
Grad 1: Adenoide liegen im oberen Teil des Nasopharynx und bedecken ein Drittel des Pflugscharbeins;
Grad 2: sie nehmen ca. die Hälfte des Nasopharynx ein un bedecken die Hälfte des Pflugscharbeins;
Grad 3: Adenoide verlegen nahezu vollständig das Nasopharynxlumen und ragen in die Rachenenge aus sowie bedecken komplett das Pflugscharbein.
Dem Aufbau nach stellt die Rachenmandel eine inhomogene elastische und höckerige rosafarbene Substanz dar, ca. 5 bis 7 mm stark, mit einem Durchmesser von 20 bis 25 mm und weist längslaufende Furchen unterschiedlicher Größe auf.
Tubenmandeln sind kleine Abschnitte lymphatischen Gewebes (bis zu 7 mm) im Bereich der Einmündungen der Ohrtrompete kranial. Bei einer Hypertrophie werden die Einmündungen blockiert und der Austritt aus der Tuba auditiva verschlossen.
Bei einer Entzündung der Rachenmandel kommt es zur Störung ihrer Schutzfunktion. Die Flimmerhärchen werden zerstört, adenoide Vegetation werden hyperämisch und infiltriert und sind mit einem fibrinösen Belag bedeckt. In den Furchen findet sich reichlich seröser und schleimig-eitriger Inhalt. Der Schleim fließt auch entlang der hinteren Rachenwand ab, Lymphfollikel sind wie auch der hintere Gaumenbogen und die Seitenwände des Rachens sine hyperämisch.
Nach der Art des Exsudats wird Adenoiditis in katarrhalisch, exsudativ-serös und schleimig-eitrig unterteilt.
Klinik
Hypertrophe Adenoide zeichnen sich durch ein umfangreiches klinisches Bild aus. Am häufigsten beschweren sich Eltern über ständige erschwerte Nasenatmung, Schnarchen und lautes Atmen beim Kind. Durch eine erschwerte Nasenatmung haben Kleinkinder Probleme mit der Nahrungsaufnahme. Bei einer ausgeprägten Hypertrophie entwickelt sich Rhinolalie (nasal klingende Sprachproduktion). Durch ein erschwertes Atmen kriegen Kinder Schlafprobleme und werden oft nachts wach. Bei einigen wird obstruktives Schlafapnoesyndrom festgestellt mit Atemstillstand bis zu 1 Minute. Dies alles verursacht übermäßige Müdigkeit und Leistungsminderung. Man spricht auch von sog. Facies adenoidea (ein für Adenoide typischer Gesichtsausdruck): abgeflachte Nasenwurzel, halboffener Mund, falscher Biss (mandibuläre Prognathie), herausragende obere Schneidezahne, gotischer Gaumen, geringgradiger Exophtalmus, schmales Gesicht. An sich rufen hypertrophe Tubenmandeln keine klinischen Symptome hervor, jedoch kommt ihre Einwirkung auf die Atemwege durch den Verschluss der Tuba auditiva zustande.
Hypertrophe Adenoide wie auch Tubenmandeln verlegen die Einmündung der Ohrtrompete und führen Tubenkatarrh, rezidivierende akute Otitis bzw. indolente exsudative Otitis herbei, die in manchen Fällen mit einer Hörminderung durch Schallleitungsstörung einhergehen. Oft sind dies die einzige Beschwerden.
Klinisch wird Adenoiditis in akut (max. 7 bis 10 Tage), subakut (10 Tabe bis 1 Monat) und chronisch (über 1 Monat) unterteilt, jedoch ist diese Unterteilung in der Praxis eher provisorisch. Da die Adenoiditis mit einem Ödem lymphatischen Gewebes einhergeht, ist die Klinik der der Hypertrophie der Rachenmandel ähnlich. Außer den genannten Beschwerden kommen schleimiges bzw. eitriges Nasenexsudat, Schleimfluss entlang der hinteren Nasenwand, der mit Husten einhergeht, hinzu. Nachts verschlechtert sich der Zustand. Für eine akute Adenoiditis sind febrile Körpertemperaturen, allgemeines Unwohlsein, Kopfschmerzen und Schmerzen im Naseninneren, Schmerzausstrahlung in die Augen und Ohren typisch. Regionäre Lymphknoten sind vergrößert und schmerzhaft. Chronische Adenoiditis manifestiert sich durch subfebrile Körpertemperaturen, erstickende nächtliche Hustenattacken, Begleitsymptome seitens des Mittelohrs mit Hörminderung durch Schallleitungsstörung.
Diagnostik
Primär wird das Beschwerdebild sowie die Anamnese geklärt mit anschließender allgemeiner HNO-Untersuchung. Zur Bestimmung des Obstruktionsgrades im Nasopharynx sowie Untersuchung der Einmündung der Tuba auditiva erfolgt hintere Rhinoskopie (Rhinoscopia posterior, Postrhinoskopie) sowie Nasenrachen-Endoskopie. Eine digitale, dh. eine mit dem Finger (digitus) vorgenommene Untersuchung kommt sehr selten zum Einsatz. Für die Bestimmung des Hypertrophiegrades adenoider Vegetationen wird auch Röntgenuntersuchung der Seitenansicht des Nasopharynx verwendet. Bei einer Entzündung der Rachenmandel erfolgt ein Keimnachweis mit anschließender Resistenzbestimmung.
Therapie
Primär erhalten Kinder mit einer hypertrophen Rachenmandel bzw. Tubenmandeln konservative Therapie. Es kommen intranasale Glukokortikoide (Mometasonfuroat) mind. über 1 Monat mit entsprechender Verlaufskontrolle zum Einsatz. Bei guten Ergebnissen ist weitere Anwendung nach dem Schema empfohlen. Wenn die konservative Therapie wirkungslos ist sowie bei Komplikationen wie obstruktives Schlafapnoesyndrom, Schwerhörigkeit bzw. chronische Otitis empfiehlt sich eine chirurgische Behandlung. In Lokal- bzw. Allgemeinanästhesie erfolgt Adenotomie, bei der hypertrophes lymphatisches Gewebe mit dem Beckmann'schen Ringmesser exzidiert wird.
Bei Erwachsenen ist die Entfernung der adenoiden Vegetationen obligat, mit anschließender pathologisch-histologischer Untersuchung.
Tubenmandeln sind nur konservativ mit topischen Glukokortikoiden zu therapieren. Sie werden nicht chirurgisch entfernt, da es meistens eine narbige Verengung der Einmündung der Ohrtrompete verursacht. Bei einer ausgeprägten Obstruktion der Tubae auditivae und Exsudat im Mittelohrraum, die mit einer Hörminderung einhergehen, erfolgt Ballondilatation.
Als Therapie der entzündeten Rachenmandel kommen antibakterielle Mittel in Form von Lokalsprays bzw. systemische Antibiotika anhand der Resistenzdaten zum Einsatz. Außer der Kausaltherapie ist regelmäßige Sanierung der Nasenhöhle und des Nasopharynx mit Kochsalz- bzw. Meeressalzlösung empfohlen. Zum Abschwellen der Schleimhäute werden Vasokonstriktoren in Form von Sprays angewendet. Roborierende Maßnahmen sind angezeigt. Bei rezidivierenden Adenoiditen bzw. Komplikationen seitens des Mittelohrs sollte eine chirurgische Behandlung in den Blick genommen werden.










