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Zervizitis

Inhaltsverzeichnis
Ätiologie Klinik Anamneseerhebung Gynäkologische Untersuchung Diagnostik Therapie

Die Zervizitis ist Krankheitsbild, das durch eine Entzündung des Zervixepithels gekennzeichnet ist.

Es wird zwischen einer akuten und einer chronischen Form unterschieden, wobei die akute Zervizitis infektiöse Ursachen hat und die chronische Zervizitis überwiegend durch nicht-infektiöse Faktoren hervorgerufen wird.

Die genaue Prävalenz der Zervizitis ist wegen fehlender Standard-Diagnosekriterien schwer zu bestimmen. Da sexuelle Aktivität ein wichtiger Risikofaktor für Infektionskrankheiten ist, findet sich die höchste Inzidenzrate bei sexuell aktiven Frauen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren.

Ätiologie

Nach der Ätiologie kann die Zervizitis infektiös und nichtinfektiös sein.

Zu den Infektionserregern gehören Neisseria gonorrhoea, Chlamydia trachomatis, Herpes-simplex-Virus (HSV), Trichomonas vaginalis und Mycoplasma genitalium.

Neisseria gonorrhoea und Chlamydia trachomatis infizieren vorwiegend das prismatische Epithel der Endozervix, während HPV und Trichomonaden das Plattenepithel der Ektozervix befallen. Bakterielle Vaginose steht auch im Zusammenhang mit Gebärmutterhalsentzündungen.

Nicht-infektiöse Ursachen sind unter anderem mechanische und chemische Reizstoffe. Chirurgische Instrumente oder Fremdkörper wie Pessare, Diaphragmen, Portiokappen oder Tampons, Kondome können ein mechanisches Trauma verursachen. Zu den chemischen Reizstoffen, die allergische Reaktionen hervorrufen, gehören Seife, Waschmittel, Spermizide, Latex und Vaginalsprays.

Systemische Entzündungskrankheiten wie Lichen ruber planus (Knötchenflechte) und Behçet-Syndrom können ebenfalls eine Zervizitis verursachen. Ein Östrogenmangel, der in der natürlichen oder chirurgischen Menopause auftritt, kann eine Zervizitis imitieren. Dies ist auf eine Atrophie der Schleimhaut von Vagina und Gebärmutter zurückzuführen.

Allerdings lässt sich in den meisten Fällen die genaue Ätiologie nicht feststellen. Klinisch betrachtet kann eine durch mechanische oder chemische Reizstoffe verursachte Entzündung nicht von einer Entzündung mit infektiöser Ätiologie unterschieden werden.

Klinik

Die Beschwerden der Patientinnen sind unspezifisch: eitriges oder schleimig-eitriges Vaginalsekret und intermenstruelle oder postkoitale Blutungen. Die Betroffenen können auch Dyspareunie oder ziehende Unterbauchschmerzen angeben.

Anamneseerhebung

Die Anamneseerhebung spielt eine wichtige Rolle bei der Ermittlung von Risikofaktoren. Alle Frauen, die zum Screening kommen, sollten unabhängig von ihren Symptomen anhand von fünf Punkten ausführlich zu ihrer sexuellen Vorgeschichte befragt werden: Partner, Praxis, Kontrazeption, STI-Schutz und frühere STIs.

Gynäkologische Untersuchung

Die klassischen Symptome sind gelber oder schleimiger Ausfluss aus dem Muttermund und leichte Kontaktblutungen aus dem Gebärmutterhals bei Berührung mit einem Wattestäbchen, und es kann eine Schleimhauthyperämie vorliegen.

Außerdem deuten sichtbare punktförmige Blutungen an der Exozervix („Erdbeer-Zervix“) auf eine Trichomonadeninfektion und Bläschen und Geschwüre auf eine HPV-Infektion hin. Viele Frauen mit einer durch mykoplasmen hervorgerufenen Zervizitis sind asymptomatisch, so dass diese Infektion oft übersehen wird. Bei Fieber, Schmerzhaftigkeit bei der bimanuellen Untersuchung und bei der Bewegung des Gebärmutterhalses sollte der Verdacht auf eine Läsion der inneren Geschlechtsorgane bestehen.

Diagnostik

Die erste Untersuchung zielt darauf ab, den Erreger zu identifizieren. Die größte Empfindlichkeit und Spezifität besitzt die Nukleinsäureamplifikationstechnik (NAT). NAT kann mit Proben von Endozervikal- und Vaginalsekret sowie Urin durchgeführt werden.

Die Kriterien für die Verwendung erhöhter Leukozytenzahlen bei der Gram-Färbung von endozervikalem Material für die Diagnose einer Zervizitis sind bisher nicht standardisiert worden. Diese Methode ist nicht empfindlich und hat einen geringen positiven Aussagewert.

1. Probe: Gebärmutterhalsabstrich:

1.1. Test: NAT für den Nachweis von Chlamydiose und Gonorrhö:

  • Befund: Positiv – Bestätigung von Chlamydia trachomatis und Neisseria gonorrhoeae;
  • Befund: Negativ - Zervizitis anderer Genese.

1.2. Test: Abstrichmikroskopie, Kultur für Neisseria gonorrhoeae anfordern:

  • Befund: Empfindlichkeit und mögliche Resistenz von Neisseria gonorrhoeae.

1.3. Test: NAT für den Nachweis von Mycoplasma genitalium:

  • Befund: Positiv – weitere Antibiotika-Empfindlichkeitstests sind erforderlich.

1.4. Test: NAT für den Nachweis von HPV (bei unbehandelter oder rezidivierender Zervizitis, wenn keine anderen Ursachen vorliegen):

  • Befund: Positiv – antivirale Therapie.

2. Probe: Vaginalabstrich:

2.1. Test: NAT für den Nachweis von Trichomonas Vaginalis:

  • Befund: Positives Ergebnis – Bestätigung der Diagnose, Behandlung erforderlich.

3. Probe: Vaginaler pH-Wert:

3.1. Test: Normalwert 3,5–4,5:

  • Befund: Über 4,5 weist auf eine abnorme Vaginalflora hin.

4. Probe: Anal-/Rektalabstrich:

4.1. Test: NAT für den Nachweis von Chlamydia trachomatis und Neisseria gonorrhoeae:

  • Befund: Positiv – Bestätigung von Chlamydia trachomatis und Neisseria gonorrhoeae;
  • Befund: Negativ – bei Vorliegen von Analverkehr kann die Ursache für wiederkehrende bakterielle Vaginose darstellen.

4.2. Test: Mikroskopie und Kultur für Neisseria gonorrhoeae:

  • Befund: Empfindlichkeit gegenüber Neisseria gonorrhoeae und mögliches Resistenzprofil.

Therapie

Die Behandlungstaktik hängt von der Ätiologie der Zervizitis ab. Nach den CDC-Richtlinien wird eine empirische Therapie für Frauen mit erhöhtem Risiko für sexuell übertragbare Infektionen empfohlen, einschließlich Mädchen unter 25 Jahren, Frauen mit einem neuen Sexualpartner, einem Partner mit einer zuvor diagnostizierten sexuell übertragbaren Infektion oder mehreren gleichzeitigen Sexualpartnern. Diesen Patientinnen wird eine Antibiotikatherapie zur Behandlung von Chlamydien und Gonorrhöe verschrieben.

Eine empirische Therapie wird auch Frauen angeboten, bei denen der Erreger nicht identifiziert wurde. Bei Frauen mit einem geringeren Risiko für sexuell übertragbare Infektionen kann die Behandlung aufgeschoben werden, bis Bestätigungstests zur Verfügung stehen.

Für die empirische Therapie stehen folgende Arzneimittel zur Verfügung:

  • Azithromycin oral als Einmaldosis.
  • Ceftriaxon intramuskulär als Einmaldosis.
  • Doxycyclin oral für 7 Tage.
  • Cefixim oral als Einmaldosis.
  • Bei schwerer Penicillin-/Cephalosporin-Allergie: Azithromycin oral als Einmaldosis.

Werden durch Labortests Infektionserreger nachgewiesen, ist die Therapie wie folgt:

  • Chlamydien: einmalige orale Gabe von Azithromycin oder Doxycyclin als Mehrfachgabe.
  • Gonorrhö: Ceftriaxon einmal intramuskulär bei Patientinnen mit einem Körpergewicht von weniger als 150 kg und negativen anderen Infektionen.
  • Mykoplasmen: Doxycyclin für 3 Tage oder Azithromycin für 3 Tage.
  • Trichomonaden: einmalige orale Gabe von Metronidazol oder Tinidazol.
  • Bakterielle Vaginose: Metronidazol oral, Metronidazol Gel 0,75 % vaginal, Clindamycin Creme 2 % intravaginal, Clindamycin Zäpfchen intravaginal.
  • HPV: oral Aciclovir, Valaciclovir, Famciclovir.

Die Ermittlung von Kontaktpersonen hat bei Chlamydien, Gonorrhö, Trichomoniasis und Mycoplasma genitalium oberste Priorität und sollte bei allen Patienten mit bestätigter Infektion durchgeführt werden. Bei Herpes-simplex-Viren besteht kein Anlass zur Kontaktsuche. Die sexuelle Aktivität sollte bis zum Abschluss der Therapie unterbrochen werden. HIV-positive Frauen mit Zervizitis erhalten die gleiche Behandlung wie HIV-negative Frauen. 

Eine rechtzeitige Behandlung bei diesen Frauen verringert die Virusausscheidung und kann das Risiko einer HIV-Übertragung verringern.

Der Begriff „chronische Zervizitis“ wird bei anhaltendem Ausfluss über drei Monate trotz Ausschluss einer Infektion und empirischer Antibiotikatherapie verwendet. Die Patientinnen sollten nochmals auf eine mögliche erneute Exposition gegenüber dem Infektionserreger untersucht werden. Es gibt keine Belege für die Wirksamkeit einer wiederholten oder verlängerten antimikrobiellen Therapie bei persistierender symptomatischer Zervizitis, wenn keine Infektion vorliegt.

Komplikation: Das Übergreifen der Infektion auf die Gebärmutter, die Eileiter und die Eierstöcke mit einer anschließenden Beckenentzündung (Pelvic inflammatory disease; PID) ist eine gefährliche Komplikation der Zervizitis. PID kann entweder zu einem akuten Krankheitsbild führen oder chronische Folgen haben, zu denen chronische Beckenschmerzen, Extrauteringravidität und Unfruchtbarkeit gehören. 

Schwangerschaft: Das Vorhandensein einer Zervizitis als Symptom einer sexuell übertragbaren Infektion korreliert mit ungünstigen Schwangerschaftsergebnissen, insbesondere einem vorzeitigen Blasensprung und einem niedrigen Geburtsgewicht des Kindes. Bei einer nicht rechtzeitig diagnostizierten Chlamydieninfektion während der Schwangerschaft kommt es zu einem perinatalen Kontakt des Babys mit dem infizierten Gebärmutterhals der Mutter. Die primäre neonatale C. trachomatis-Infektion befällt die Schleimhäute von Augen, Oropharynx, Urogenitaltrakt und Rektum.

Die schwerwiegendsten Erscheinungsformen einer Infektion mit N. gonorrhoeae bei Neugeborenen sind neonatale Ophthalmie und Sepsis, die von Arthritis und Meningitis vergesellschaftet werden können.

Weniger gravierende Manifestationen sind Rhinitis, Vaginitis, Urethritis und Kopfhautentzündung.

Bei schwangeren Frauen ist unabhängig vom Gestationsalter ein pränatales Infektionsscreening obligat, und im Falle einer festgestellten Infektion sollte die empfohlene Behandlung durchgeführt werden.